VIII. Provinz Sachsen.
erfolgt!). Was ferner die Befugnis zur Vornahme einer Realteilung anlangt,
s0 beruft sich ARNOLD auf eine Urkunde vom Jahre 1294, wonach es
den Inhabern von Zinsgütern des Klosters Höxter in Höngeda bei Mühl
hausen verboten sein soll „die Güter in kleinere Stücke als in ganze Hufen
zu „reiszen“ oder zu teilen“2). Ebenso spricht das Arnstadter Stadtrecht
vom Anfange des 15. Jahrhunderts die Bestimmung aus: „Lehenn guthere
ynd frey guthere darf man nicht theylen“ 3).
Die Rechtsnatur des in Thüringen entstandenen Besitzverhältnisses
wird sich am meisten mit der Leihe zu Waldrecht vergleichen lassen,
wie sich dieselbe in dem benachbarten Hessen damals entwickelte. Auch
dort tritt dieses Besitzrecht von vornherein als ein erbliches auf, und zwar sind
es die gleichen wirtschaftlichen Gründe, wie in Thüringen, welche eine so
günstige Gestaltung des bäuerlichen Besitzrechtes erklären. Wie der Name
andeutet, handelt es sich bei der Leihe zum Waldrecht um die Überlassung
bisher ungerodeten Waldlandes, und für so mühsame Arbeit waren Kolo
nisten nur dann zu finden, wenn ihnen die Erblichkeit der von ihnen
geschaffenen „Besserung“ zugesagt wurde: „Da jedoch die Arbeitskräfte
oft schwer zu haben waren, hing es nicht von der Willkür der Grundherren
ab, die Bedingungen allein zu bestimmen, und wenn sich niemand zu einer
schlechten Leihe fand, mussten sie sich wohl oder übel zur Erbleihe ver
stehen*).“ Eine weitere Übereinstimmung zeigt sich in den Beschränkungen
der Verfügungsfreiheit über die Substanz des Gutes. Auch in Hessen ist
die Veräusserung der zu Waldrecht verliehenen Güter an den Konsens des
Grundherren geknüpft, und wird eine reale Teilung der Güter im
Interesse der richtigen Abführung der Abgaben verboten9).
Die Entwickelung des wirtschaftlichen Lebens führte indes allmählich
zu einer freieren Ausgestaltung des bäuerlichen Besitzrechts
und liess die Beschränkungen einer älteren Wirtschaftsperiode verschwinden.
Das treibende Moment dieser Bewegung war das stete Anwachsen der
Bevölkerung. Im 13. Jahrhundert und im Beginn des 14. hatte noch
einmal eine umfassende Rodung und Urbarmachung einen ergiebigen Spiel
raum für den Bevölkerungsüberschuss geschaffen. Nunmehr aber war
diese Möglichkeit im allgemeinen verschlossen, und der Bevölkerungsstrom
musste einen anderen Ausweg suchen. Ein Teil der überschüssigen Be
völkerung vermochte zwar noch in den Kolonisationsgebieten des Ostens
sich eine neue Existenz zu gründen, doch war auch deren Aufnahmefähigkeit
im 15. Jahrhundert eine wesentlich geringere geworden. So drängte denn das
Wachstum der Bevölkerung mit Notwendigkeit zu einer Steigerung
der Intensität der Bewirtschaftung, wodurch auch auf verkleinerter
Scholle die Möglichkeit der Existenz geschaffen wurde. Wirtschaftlich
*) Thüring. Geschichtsquellen. Bd. IV. Urkde. Nr. 65.
2) ARNOLD: a. a. O. S. 588.
MICHELSEN: Thüring. Rechtsdenkmale. S. 30/31. Kap. XXI.
* ARNOLD: a. a. O. S. 582.
) Ebda. S. 545 und Heft IV dieses Werkes. S. 56.