X. Provinz Pommern.
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erfolgen würde, ist ... angehalten, mir und meiner Frau, solange als einer von uns beiden
noch lebt, jährlich die Summe von 300 M (dreihundert Mark) auszuzahlen, um hiervon
unseren Lebensunterhalt bestreiten zu können.
, den .. 18..
Es ist wohl zu erwägen, ob sich nicht ein Teil der Zeitpachtstellen in
ein Erbpacht- oder Rentengutsverhältnis verwandeln liefse oder die Pacht
perioden bedeutend zu verlängern wären.
4. Beziehungen der Erbgewohnheiten zum geltenden Recht
und die Möglichkeit einer Änderung desselben.
In den Kreisen Anklam und Demmin vollzieht sich der Übergang des
bäuerlichen und kleinen Grundbesitzes auf die Erben, unbekümmert um das
geltende Erbrecht, in Gestalt des Altenteilsvertrages mit Begünstigung des
Hofesübernehmers. Während das geltende Intestat-Erbrecht zu dieser Sitte im
Gegensatz steht und ihre Bethätigung, namentlich wenn Minderjährige beteiligt
sind, erschwert, würde die Sitte durch Schaffung eines Intestatanerbenrechts
gefestigt und ihre Erhaltung begünstigt werden. Allerdings mülste bei der
Einführung desselben das Vorurteil bei der ländlichen Bevölkerung bekämpft
werden, dals durch ein Anerbenrecht im modernen Sinne die Verfügungs
freiheit des Erblassers beschränkt werden würde oder auch nur Angesichts
der Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches beschränkt werden könnte.
Änders liegen die Verhältnisse in Neuvorpommern und Rügen. Will
man hier für gröfsere Stätigkeit der Inhaber der Wirtschaft sorgen, so
mülste vor allen Dingen nach einer Verminderung der Zeitpächter getrachtet,
also eine Reform der Agrarverfassung überhaupt angestrebt werden. Die
geringen Überreste des dortigen Bauernstandes sind vermöge der schweren
Erschütterungen, die ihr Besitzrecht und Besitzstand im Laufe der letzten
Jahrhunderte erlitten hat, der Anerbensitte grösstenteils entfremdet worden.
Eine Änderung des Erbrechts würde in der jetzigen schwierigen Lage
der landwirtschaftlichen Bevölkerung, besonders in hoher Verschuldung ein
Hemmnis finden. Das Anerbenrecht müsste bei hoher Verschuldung fort
fallen und für diesen Fall den Miterben das bisherige Recht des Verkaufs
gewahrt werden können, weil sie andernfalls zu schlecht gestellt und in
vielen Fällen vollkommen leer ausgehen würden.
Ohne solche Vorkehrungen würde die nächste Folge der Schaffung
eines Anerbenrechts mit erheblicher Begünstigung des Anerben lediglich
die Vermehrung der Testamente und Übergabeverträge sein. Andererseits
würde auch in Neuvorpommern und Rügen die Schaffung eines zweck
mälsigen Anerbenrechts die ländliche Bevölkerung zu anerbenrechtsartiger
Vererbung des Grundbesitzes anregen.
Nur wenige Berichte haben sich über die Rätlichkeit einer Änderung des geltenden
Rechts resp. Schaffung eines Anerbenrechts ausgesprochen. Eine hierauf bezügliche Frage
war nicht gestellt worden. Der Landrat zu Grimmen schreibt:
„Der häufige Besitzwechsel in grösseren Gütern hat seinen Grund darin, dass der
grössere Grundbesitz hierzulande nicht einen Sohn zum Zwecke der Erhaltung des Be-