X. Provinz Pommern.
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Ehe eingegangen war in eine fremde Familie, nämlich in die des zweiten
Ehemannes über, und dies wird von den Kindern erster Ehe oft und mit
Recht als eine Härte empfunden. So in dem folgenden Falle, der sich da
durch noch kompliziert, dals das Grundstück voraussichtlich sogar an Kinder
dritter Ehe kommen wird. Das betreffende Gut liegt im Gebiete der land
rechtlichen Gütergemeinschaft.
Beispiel einer Auseinandersetzung zwischen einem über
lebenden Ehegatten und Kindern mehrerer Ehen.
Im Jahre 1881 war die erste Ehefrau des Besitzers gestorben. Dieser hatte sich mit
seinen 7 Kindern auseinandergesetzt, das Grundstück übernommen und später wieder ge
heiratet. Aus dieser Ehe entsprangen noch 3 Kinder. Nunmehr starb er selbst. Bei der
jetzt erfolgten Auseinandersetzung zwischen der zweiten Ehefrau und den 10 Kindern wurde
eine gerichtliche Taxe des Hofes aufgenommen, welche einen Wert von 15789,45 M ergab.*)
Auf dem Grundstück standen damals 11 955 M Schulden, die jedenfalls zum grofsen
Teil die Muttererbteile der Kinder erster Ehe repräsentierten. Es war also vorhanden an
Vermögen:
Grund und Boden nach Taxe
15 789,45 M
Mobiliar
1 736,97
Summa 17 526,40 M
ab Schulden 11 955,00
Vermögen 5 571,40 M
Hiervon fiel die eine Hälfte (2785,70 M) auf die 2. Frau, die andere Hälfte auf die
10 Kinder. In der Auseinandersetzung übernahm die 2. Frau das Grundstück und die
Schulden, und die 7 Kinder erster Ehe erhielten je 236,93 M; die 3 Kinder 2. Ehe je
375,71 M. Das Grundstück war also nunmehr mit 14 738,70 M also fast bis zur vollen
Höhe seines Wertes verschuldet.
In anderen Gegenden wiederum kommen Vererbungen des Grund
besitzes an Kinder erster Ehe und solche an Kinder zweiter Ehe neben
einander vor, 2) so dals sich diesbezüglich eine allgemeine Regel für ganz
Altvor- und Hinterpommern nicht aufstellen läfst.
Auseinandersetzungen, welche zur sofortigen Übernahme des Grund
stücks seitens eines Kindes führen, während der überlebende parens in den
Altenteil geht, werden meist dann gemacht, wenn beim Tode des Bauern
ein Kind erwachsen und die Frau nicht mehr jung genug ist, um noch
einmal zu heiraten. Das folgende Beispiel entstammt zugleich einem der
kleinen Gebietsteile Pommerns mit märkischem Recht.
Beispiel einer Auseinandersetzung mit Übernahme des Guts
durch ein Kind.
1864 starb der Bauer St., der mit seiner Ehefrau in Gütertrennung nach der Joachimica
gelebt hatte, ohne Testament. Er hinterliefs die Witwe und 12 Kinder. Das Besitztum
war schuldenfrei. Der gerichtlichen Auseinandersetzung wurde folgendes dorfgerichtliche
Inventar zu Grunde gelegt:
’) S. unten unter Taxen, S. 112 ff.
2) Kreis Lauenburg.