Bestehende Erbgewohnheiten.
nutzt haben, dahin, dass auf die Erhaltung des Grundbesitzes in der Hand
eines leistungsfähigen Unternehmers hingewirkt wird.“ In entsprechender
Weise äussert sich das A.-G. Neuhaldensleben: „Es wird ein fester, aus
nahmslos für den Annehmer günstiger Preis verabredet“; im Bezirke des
A.-G. Seehausen (Kr. Wanzleben) wird der Übernahmepreis gleichfalls
„mässig“ genannt und soll „oft nicht unerheblich unter dem Verkaufswerte der
Grundstücke zurückbleiben“. Dazu bemerkt weiterhin das Amtsgericht:
„Die vorerwähnte Sitte ist auch nicht in der Abnahme begriffen, vielmehr
sind die Grundbesitzer der hiesigen Gegend bestrebt, ihren Grundbesitz in
der Hand eines leistungsfähigen Erben zu erhalten“. Ferner deckt sich
hiermit die Aussage des A.-G. Wanzleben: „Soweit der Übergang des
ländlichen Grundbesitzes auf die Deszendenten, sei es unter Lebenden, sei
es von Todeswegen, geregelt wird, geht das Bestreben dahin, den Grund
besitz möglichst in der Hand eines Kindes zusammenzuhalten .
bleibt, wenigstens soweit Gutsüberlassungsverträge in Frage kommen, der
Überlassungspreis in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle hinter dem
gemeinen Werte des Grundbesitzes zurück und zwar zum Teil erheblich."
Aehnlich wie die genannten Berichte aus der „Börde“, so lassen auch die
aus den Rübengegenden des Reg.-Bez. Merseburg das Streben der Besitzer,
den Hof der Familie zu erhalten, deutlich erkennen.
Die Verbreitung des Rübenbaus, die dadurch bewirkte Wert
steigerung des Bodens und vermehrte Verkaufsgelegenheit hat also im
allgemeinen das Bestreben, den Grundbesitz der Familie zu er
halten, nicht beeinträchtigt. Die bäuerlichen Besitzer sind von jener
kaufmännischen Auffassung, welche im Boden eine Waare sieht, die man
billig kauft, um sie später bei günstiger Konjunktur teuer abzusetzen, meist
weit entfernt. Wo ein Hof Generationen hindurch im Besitze der
selben Familie gewesen sei — so wurde dem Verfasser vielfach mündlich
erklärt —, da sähe sich der derzeitige Inhaber nicht mehr als Eigentümer,
sondern nur als „Niessbraucher“ an. Der Gedanke läge ihm fern, mit
dem Hofe nach Belieben schalten zu können, vielmehr hielte er es für
seine Pflicht, den von den Vätern Jahrzehnte hindurch behaupteten Besitz
nun seinerseits der Familie treu zu bewahren. Nicht Gesichtspunkte
der Zweckmässigkeit, sondern traditionelle Empfindungen der
Pflicht erscheinen so als letzter Beweggrund für jene Erb
gewohnheit. So unwahrscheinlich es manchen, einer anderen Lebens
atmosphäre angehörenden Kritikern erscheinen mag, thatsächlich bildet
doch die liebevolle Pietät, der Stolz auf den angestammten „Hof“ das
bestimmende Motiv. Ganz drastisch wird der Grad dieser Empfindungen
durch die nachstehende Erzählung, welche dem Verf. im Kreise Calbe a. S.
zu Ohren kam, gekennzeichnet. Aus Anlass eines Intestaterbganges war ein
Hof an Fremde veräussert worden, und nun ging allgemein in der Gegend
die Rede: „Wenn der Alte (Besitzer) aus dem Grabe stiege, wie wurde
der die Fremden von seinem Hofe prügeln.“
Dieses Bestreben, den Hof unter erträglichen Bedingungen dem Sohne