III. Kapitel. Die bestehenden Erbgewohnheiten.
nennenswerter Höhe aufzubringen. Heute giebt es dort nur noch sehr wenige
Vollbauerhöfe, die Mehrzahl der dortigen Landbevölkerung besteht aus Halb
und Viertelbauern. Die Grösse der selbständigen Nahrungen, die Bauerhöfe
genannt werden, beginnt hier, trotz des sehr leichten Bodens schon mit 10
bis 12 ha. In letzter Zeit wird nicht mehr soviel parzelliert, aus dem ein
fachen Grunde, weil es nicht mehr geht. Die Bauerhöfe sind mit der Zeit
so klein geworden, dals eine weitere Teilung die einzelnen Teilbesitzungen
nicht mehr einigermalsen lebensfähig lassen würde.
So ist neuerdings auch hier ungeteilter Erbübergang häufiger als Tei
lung. Dabei wird jedoch „auf Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Grund
besitzübernehmers wenig gesehen.“ *)
In den Fällen, in denen Überlassungsverträge geschlossen werden, ist
zwar eine Bevorzugung des Übernehmers vor den abzufindenden Geschwistern
durch niedrige Setzung des Übernahmepreises überall vorhanden, weil ohne
das die Übernahme des Grundstücks überhaupt unmöglich sein würde.
„Dieser Vorteil wird aber oft“, so berichtet der Landrat, „fast ganz auf
gehoben durch die Höhe des Altenteils. Da die Übergaben meist bei noch
ziemlich rüstigem Alter der Eltern geschlossen werden, so liegt die Last
des Altenteils oft lange auf dem Hof. Infolge der Begier, den Hof zu be
kommen, ist aber der Sohn meist blind gegen die Höhe des Altenteils, auch
hofft er, die Leistungen würden nicht in vollem Masse verlangt werden.
Anfangs ist dem auch meist so; sobald aber, was nicht selten eintritt,
Zwistigkeiten entstehen, wird volle Leistung verlangt, die dann meist über
die Kräfte des Grundstücks hinausgeht. Selbst bis zu gerichtlichem Aus
trage solcher Altenteilsstreitereien kommt es im Rummelsburger Kreise
nicht selten.“ Als Beispiel dafür, wieweit bisweilen die Chikanen zwischen
Altsitzern und Bauern getrieben werden, wurde dem Verfasser ein Fall mit
geteilt, in dem ein Altsitzer darauf geklagt hatte, daßs der Hofbesitzer ihm
die Verrichtung seiner Notdurft auf dem Grundstück gestatte, und der Be
sitzer hierzu bei 20 M Strafe für jeden Contraventionsfall verurteilt worden
war.
„Wird dann noch das Erbteil von den Geschwistern herausverlangt,
so sucht der Besitzer seinen wirtschaftlichen Ruin dadurch abzuwenden, dass
er sobald wie möglich das Grundstück veräufsert, wenn er auch nur eine
Kleinigkeit mehr erhält, als der Erbteil seiner Geschwister ausmacht.“ (Be
richt des Landrats.)
Ähnliche Verhältnisse finden sich in dem Nachbarkreise Bütow. Seine
wirtschaftlichen und klimatischen Verhältnisse sind annähernd dieselben,
wie im Rummelsburger Kreise. Auch Kreis Bütow liegt auf der Höhe des
Pommerschen Landrückens, hat im Durchschnitt schlechten Boden und fast
noch schlechtere Absatzbedingungen als Rummelsburg. Der mittlere und
kleinere Besitz, von denen namentlich der letztere, büdnerische stark ver
treten ist, überwiegt im Bütower Kreise den Grofsgrundbesitz.
’) Landrat und Amtsgericht Rummelsburg.
Vererbung des ländlichen Grundbesitzes. X. Pommern.