Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (3)

X. Provinz Pommern. 
reiche Verordnungen zur „Peuplierung und Kultivierung“ des Landes. Unter 
Einflufs derselben entstanden in fast allen Teilen des Landes Eigentumskaten: 
Leuten, die sich auf wüst daliegenden Ländereien anbauen wollten, wurden 
besonders günstige Bedingungen gewährt, welche der Eigentumsverleihung 
gleich oder nahe kamen. Sie brauchten nur eine geringe Abgabe für den 
Acker zu bezahlen, wurden gégen Leibeigenschaft und andere gutsherrliche 
Ansprüche sicher gestellt und waren überhaupt nicht oder nur in geringem 
Masse zu Diensten verpflichtet. Im Ratsarchiv zu Greifswald ist eine Reihe 
derartige Verträge aus den Jahren 1651—1746 erhalten. Nach ihrem regel 
mässigen Inhalt wird dem sich ansiedelnden Bauern gestattet, auf wüstem 
Felde eine Kate zu bauen; eine geringe Erbpacht wird festgesetzt, dagegen 
finden kontraktliche Verpflichtungen zu Diensten keine Erwähnung. Derartige 
Kleingrundbesitzer sind auch dort, wo sämtliche Bauern Zeitpächter sind, 
als Eigentumsbüdner noch heute vorhanden. Von grösserer Bedeutung für 
die Bevölkerung sind aber diese Eigentumskaten wegen ihrer verhältnis 
mässig geringen Zahl nicht geworden. 
Eine Vermehrung des besitzenden Bauernstandes oder vielmehr die 
Wiedererstehung eines solchen fällt in die Zeit der napoleonischen Kriege. 
Napoleon I. hatte nämlich die in Neuvorpommern in Besitz genommenen 
Domänen zum Teil an seine Offiziere verschenkt.*) Es waren nicht weniger 
als 271 Domänen oder Domänenanteile, welche so an 46 Offiziere und Be 
amte gelangten. Die Rechte dieser Offiziere und Beamten mulsten im Pa 
riser Frieden vom 6. Januar 1810 2) ausdrücklich anerkannt werden. Die 
Schenkungen wurden aber am 29. März 1813 bei Ausbruch des Krieges von 
Schweden widerrufen. Seinerseits schenkte dann König Karl XIII. durch 
Edikt vom 20. Oktober 1813, den Offizieren, die an dem Befreiungskriege 
teil genommen hatten, eine grosse Anzahl von Domänen, und zwar an 129 
Offiziere und Militärpersonen 132 Domänen und Domänenanteile. „Die Be 
schenkten beeilten sich ihrerseits, die Güter durch Verkauf, namentlich auch 
an die Pachtbauern zu barem Gelde flüssig zu machen, und auf diese Weise 
entstanden eine grosse Anzahl von Eigentums-Bauernhöfen, welche infolge 
ihres Kaufs sogar die grundherrlichen Rechte ausüben.“3) In dem am 
7. Juni 1815 über die Abtretung von Neuvorpommern und Rügen an Preulsen 
geschlossenen Traktate wurde dann ausgemacht, dafs diese verschenkten 
Domänen an die Krone Preufsen zurückfallen und deren Inhaber von 
Schweden auf andere Weise entschädigt werden sollten. Eine Reihe der 
selben war aber bereits veräufsert, davon wurden die an Neuvorpommersche 
Landbewohner mittlerweile verkauften Dotations-Domänen der schwedischen 
Regierung in Abrechnung gestellt, die an Personen aufser Landes ver 
kauften Güter aber auf Kosten der schwedischen Regierung restituiert. So 
gelangten Lodmannshagen und Spiegelsdorf, Netzeband, Kölzin, Boltenhagen, 
*) Über französische und schwedische Dotationen s. BERGHAUs, Landbuch v. Pommern 
und Rügen. Anklam und Stralsund 1868. IV. 7. Bd. II., S. 6—23. 
2) SONNENSHMIDT, a. a. O. II, 3. 
3) GAEDE a. a. O, S. 56.
	        
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