X. Provinz Pommern.
einen machtvollen Adel (barones), der infolge seines Grundbesitzes grolse
Unabhängigkeit genofs. Die Masse des Volkes war, wie auch sonst bei den
Nordslaven „durch Abgaben gedrückt, ob frei oder unfrei, ohne politische
Bedeutung, noch wirtschaftlichen Wohlstand,“’) und zwar sind zwei Klassen
zu unterscheiden, die Leibeigenen und die Grundhörigen. Erstere konnten,
losgelöst von Grund und Boden, als Ware veräufsert werden, sie bestanden
in ihrer Mehrzahl aus Kriegsgefangenen oder aus deren Nachkommen. Viel
zahlreicher und von grösserer Bedeutung waren die Grundhörigen, sie lebten
als Ackerbauer, Viehzüchter, Fischer und Jäger, auch als Gewerbetreibende
auf fürstlichem oder privatem Grunde, hatten an den Landesherrn und
eventuell auch an den Grundherrn Dienste und Abgaben zu leisten und
wurden bei Vergebung des Bodens, auf dem sie safsen, mit veräulsert. Ge
nauere Angaben über die den Hörigen obliegenden Lasten lassen sich nicht
machen, es spricht manches dafür, dass die Hörigen zu unbegrenzten Leis
tungen rechtlich verpflichtet waren.
Die zur Förderung von bäuerlichen Leistungen berechtigte Grundherr
schaft war eine doppelte: die des Fürsten auf allen Gütern, die besondere des
Adels auf dessen eigenen Besitzungen. Die erstere stand an Bedeutung weit
voran, auch die adligen Hörigen hatten in erster Linie dem Fürsten zu
zinsen und fronden. Der Nutzen, den der adlige Grundherr selbst aus seinen
Gütern zog, war daher nicht sehr grofs; dies erklärt in der Folge einmal
die zahlreichen Schenkungen des Adels an die Klöster, dann die bereitwillige
Rezeption des deutschen Lehnsrechtes, welches den Vasallen weit erheblichere
Rechte gab. * 2)
Schon im 10. und 11. Jahrhundert versuchten die Polenherzöge die
Pommern zu unterwerfen und dem Christentum Eingang zu verschaffen 3),
doch vergebens, erst im 12. Jahrhundert gelang dies dem gewaltigen Herzog
Boleslav III. von Polen. In seinem Auftrage unternahm der Bischof Otte
von Bamberg in den Jahren 1124 und 1128 zwei Missionsreisen in Pom
mern; seine Bemühungen waren mit Erfolg gekrönt, er ist als der eigent
liche Pommernapostel zu bezeichnen, wenn auch noch in der Folgezeit wieder
und wieder schwere Kämpfe gegen die Heiden zu führen waren. Es sei
nur an die Wendenkreuzzüge Heinrichs des Löwen erinnert, so im J. 1147,
und an die Züge des dänischen Königs Waldemar, der im Jahre 1168 Rügen
dem Christentum gewann. Als Schlussresultat dieser erbitterten Kämpfe er
gab sich, dass in Pommern die christliche Lehre eingeführt war und das
deutsche Volkstum die kirchliche Herrschaft errungen, die wirtschaftliche
angebahnt hatte.
Denn mit den deutschen Mönchen kamen Ansiedler nach Pommern.
Sie liefsen sich auf den fürstlichen Gütern nieder und palsten sich, da sie
’) MEIrzEN, Siedelung und Agrarwesen der Westgermanen und Östgermanen, II,
S. 231 u. ff.
2) FUCHS, a. a. O., 10.
3) v. SOMMERFELD a. a. O. 23 u. ff., 37 u. ff., 127.