93
Die Vererbung des Grundbesitzes.
Zahl der Fälle,
Zahl
in denen der Witwe
der Testamente
Amtsgerichtsbezirk
das Gut vermacht wird
überhaupt
Arnswalde
Baruth
Bernau
Finsterwalde
Forst.
Friedeberg
Lieberose
Nauen
Im A.-G.-Bez. Zehden wurde die Witwe in den 5 Testamentsfällen, wo
sie überhaupt vorhanden war, stets als Vorerbin, die Kinder aber auf den
Überrest eingesetzt.
Häufig wird jedoch die Einsetzung der Witwe als Erbin an die Be
dingung geknüpft, daß sie sich nicht wieder verheiraten darf,1) widrigen
falls sie mit den Kindern Abrechnung zu halten hat.
A.-G. Mittenwalde: Hervorzuheben ist die sich stets wiederfindende Bestimmung der
Testamente, wonach der überlebende Ehegatte für den Fall, daß er zu einer anderweiten
Ehe schreitet, vorher mit den andern Erben nach gesetzlicher Erbfolgeordnung Teilung zu
halten hat.
A.-G. Potsdam: Im Falle der Wiederverheiratung muß eine Auseinandersetzung mit
den Kindern eintreten.
A.-G. Havelberg: Die letztwillige Verfügung ist mehrfach durch die weitere ergänzt,
daß im Falle der Wiederverheiratung der Ehefrau dieselbe gehalten sein soll, sich mit den
Kindern nach den gesetzlichen Vorschriften auseinanderzusetzen.
Sind Noterben vorhanden, so wird jedoch der Witwe fast ausnahmslos
die Verpflichtung auferlegt, das Gut zu einem bestimmten Termine und zu
bereits festgesetzten Bedingungen oder zu einer von ihr selbst festzusetzenden
Taxe an einen bereits bezeichneten oder später von ihr auszuwählenden
Übernehmer aus der Zahl der gemeinschaftlichen Kinder zu überlassen. Der
Termin ist in den einzelnen Gegenden der Provinz verschieden: 21. Lebens
jahr des Übernehmers im Kreis Osthavelland und Kalau; 24. Lebensjahr
Westhavelland; 25. Soldin, Arnswalde, Landgerichtsbezirke Potsdam und
Prenzlau; 26. Weststernberg; bei Großjährigkeit des jüngsten Kindes Cottbus
und Sorau, A.-G. Spremberg. Auf diese Weise wird eine weitere Belastung
des Hofes zunächst vermieden, da die Zinsen des Vatererbes der minder
jährigen Kinder der Witwe als Zuschuß für deren Erziehung und Unterhalt
verbleiben.
’) Im Kreise Westhavelland wird der Witwe, wenn beim Tode des Testators noch
sehr junge Kinder vorhanden sind, die Wiederverheiratung, auch ohne gesetzliche Teilung
zu halten, gestattet und die Festsetzung des Altenteils auch zugunsten des zweiten Ehemanns
bestimmt. Ist die Witwe noch jung, wird sie sich meist wieder verheiraten und wendet
dann, wenn sie testamentarisch nicht gebunden ist, den Hof nicht selten einem Kinde
zweiter Ehe zu. — Im allgemeinen läßt sich aber annehmen, daß die Witwe nicht mehr zu
einer neuen Ehe schreitet, falls das älteste Kind auch nur 15 Jahre alt ist. Nur aus dem
Kreise Arnswalde wird über die Neigung zu späten Wiederverheiratungen berichtet.