Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (3)

IX. Provinz Brandenburg. 
die Bezirke der Amtsgerichte zu klein, als daß sich in allen Fällen ein 
sicheres Bild gewinnen ließe. Der Inhalt der Testamente ist ganz verschieden 
artig, je nachdem, ob übernahmefähige Kinder vorhanden sind oder nicht, 
und ob die Ehefrau noch lebt, was abweichend von der Lage beim Über 
lassungsvertrage, bei dem meist jugendlichen Alter der Testatoren wohl 
meistens der Fall sein wird. Daher ergibt sich in einem Amtgerichtsbezirk, 
in dem zufällig in den letzten Jahren bei mehreren Testamenten stets über 
nahmefähige Kinder vorhanden waren, ein völlig anderer Eindruck als dort, 
wo dies niemals der Fall war. 
a) Sind die Kinder noch klein  
wie es meist der Fall ist 
bildet das sogenannte Berliner Testament die durchgehende Regel. 
diesem setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein, und die Kinder 
nur auf den Überrest: in id quod supererit. 
L.-R. Oberbarnim: Wird ein Testament zu Lebzeiten beider Eheleute errichtet, so 
wird meist bestimmt, daß der überlebende Ehegatte in freiem Besitz, freier Verfügung und 
freiem Genuß des Nachlasses bleiben soll und sich die Kinder mit dem begnügen müssen, 
was bei seinem Tode noch vorhanden ist. Dabei wird häufig hervorgehoben, daß der Über 
lebende auch befugt sein soll, Grundstücke zu veräußern und sie einem der Kinder zu 
einem von ihm zu bestimmenden oder vielleicht auch alsbald festgesetzten Preise zu 
überlassen. 
L.-R. Teltow: Das Berliner Testament hat weitaus das Übergewicht. Hierdurch wird 
dem überlebenden Ehegatten, solange er sich nicht wieder verheiratet, das Recht der freien 
Verfügung über den Grundbesitz eingeräumt. 
A.-G. Liebenwalde: Die Testamente sind fast stets wechselseitige. ... Der überlebende 
Ehegatte darf über die Substanz des Vermögens einschließlich der Grundstücke frei verfügen, 
und die andern Erben teilen nach dem Tode des Letztlebenden das Übrigbleibende nach der 
gesetzlichen Erbfolge. 
A.-G. Reppen: Wenn keine übernahmefähigen Kinder vorhanden sind, dient das 
Berliner Testament dem Zwecke, das Gut ungeteilt und unbelastet der Familie zu erhalten 
bis der Anerbe herangewachsen ist. indem es die überlebende Ehefrau zwar mit den Kindern 
zusammen entsprechend den römisch-rechtlichen Vorschriften zu Erben einsetzt, zugleich 
aber der Ehefrau, solange sie sich nicht verheiratet, die uneingeschränkte Verwaltung und 
sogar Verfügung über die Substanz zuspricht. 
A.-G. Arnswalde: Die Testamente bestimmen verschiedenlich ein fideicommissum eius 
quod supererit. 
A.-G. Bernau: Bei Vererbung auf Grund von Testamenten handelt es sich in den 
meisten Fällen um wechselseitige Testamente, in denen bestimmt ist, daß der Überlebende 
den ungestörten Besitz und Genuß des gesamten Nachlasses erhalten soll, auch über die 
Substanz frei verfügen darf und die Kinder sich mit dem begnügen sollen, was nach dem 
Tode des Letztlebenden noch vorhanden ist. 
A.-G. Wittenberge: Nicht selten sind auch die sogenannten Berliner Testamente, in 
welchen der überlebende Ehegatte als Fiduciarerbe eingesetzt und die Kinder ihm fidei 
kommissarisch auf den Überrest substituiert werden. 
Aber auch in den Fällen, wo kein wechselseitiges Testament aufgesetzt 
wird, ernennt der Erblasser meistens seine Ehefrau zur Universalerbin, und 
zwar nicht nur, wenn übernahmefähige Deszendenz überhaupt nicht vor 
handen ist oder diese noch zu jung erscheint, sondern auch dann, wenn 
gleichzeitig jüngere Geschwister abgefunden werden müssen. Dies zeigt 
sich aus der folgenden kleinen Tabelle:
	        
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