Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (3)

Schlussbetrachtungen. 
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freiheit des Besitzers unter Lebenden oder von Todeswegen eingeschränkt 
werden sollte — eine Annahme, welche ganz besonderes Missfallen erregte. 
Immerhin sprach sich der Provinziallandtag mit einer schwachen Majorität 
48 gegen 44 Stimmen — für die Einführung einer Landgüterordnung 
nach Art der Hannoverschen Höferolle aus, doch war wohl die vorhandene 
starke Gegenströmung die Ursache, dass diesem Beschluss keine weiteren 
Folgen gegeben wurden *) 
Die angedeuteten, z. T. auf Missverständnissen beruhenden Gründe 
bewirken auch heute noch in manchen geschlossen vererbenden Bezirken 
eine Abneigung gegen jede Erbrechtsänderung, aber unverkennbar hat 
die herrschende Agrarkrisis das Verständnis für die Notwendigkeit einer 
Reform wesentlich gefördert. Sowohl im Norden der Provinz (Kreis 
Stendal), als in mittleren Bezirken (Calbe, Saalkreis, Querfurt, Naum 
burg) fand der Verfasser öfters Gelegenheit, die Geneigtheit der bäuer 
lichen Bevölkerung für eine Erbrechtsreform zu erkennen. „Es würde 
damit Gesetz werden, was ja längst Sitte bei uns ist“, so wurden zu 
stimmende Äusserungen laut. Der Zweck des Gesetzes, durch Bemessung 
des Übernahmepreises nach dem Ertragswert an Stelle des Verkaufswertes 
die Erhaltung des Besitzes in der Familie zu sichern, fand eine völlig 
richtige Würdigung. Der Verkehrswert, so war der Sinn der Ausführungen, 
sei eine ganz imaginäre Grösse, vielfach nur durch „Gelegenheits-Liebhaber 
käufe“ bestimmt. Es sei daher verfehlt, dem Übernehmer diesen fiktiven 
Wert in Anrechnung zu bringen, vielmehr dürfe nur der Wert in Be 
tracht kommen, welcher der Höhe des thatsächlichen Ertrages angemessen 
ist. Dass die Bedeutung einer Erbrechtsreform gegenwärtig in landwirt 
schaftlichen Kreisen stetig mehr erkannt wird, dafür liefern auch neuerliche 
Verhandlungen und Beschlüsse der berufenen Vertreterin der Landwirte, 
der sächsischen Landwirtschaftskammer, einen deutlichen Beweis. 
In der Plenarversammlung am 23. und 24. Februar 1897 wurde über Mass 
nahmen zur Entschuldung des ländlichen Grundbesitzes beraten und hierbei 
der innere Zusammenhang berührt, welcher zwischen Entschuldung und 
Erbrechtsreform besteht. Man betonte, dass das einzig wirksame Mittel 
zur Verhütung der Überschuldung eine der Ertragsfähigkeit des Guts ent 
sprechende Werttaxierung beim Erbfalle wäre. Diese Anschauung kam in 
der nachstehenden Resolution zum Ausdruck: „Bei einem Erbfalle wird 
nicht das Gut, sondern nur ein Teil des Wertes desselben zur Erb 
masse gerechnet. Dieser Teil ist so zu berechnen, dass der Über 
nehmer die zu Auszahlungen aufzunehmende Schuld voraussichtlich bei 
seinen Lebzeiten verzinsen und amortisieren, thunlichst auch unter Zu 
hilfenahme einer Lebensversicherung vor seinem Tode abtragen kann“* 2). 
Begründend wurde hinzugefügt: „Wenn man zu einer wirklichen Gesundung 
des Grundbesitzes kommen will, so muss man sagen: Der Übernehmer eines 
*) v. MIASKowSKI: Erbrecht und Grundeigentumsverteilung. Bd. II. S. 363 ff. 
2) Protokoll der Plenarversammlung vom 23. u. 24. Febr. 1897. S. 46 ff. 
Vererbung des ländlichen Grundbesitzes. VIII. Sachsen.
	        
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