Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (3)

VIII. Provinz Sachsen. 
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Besitzer über 20 ha sind bis auf einen schuldenfrei, die vier kleineren Be 
sitzer von 14 bis 18,5 ha mit 19 % im Durchschnitt belastet. Dieses 
Ergebnis muss mit Rücksicht auf den Inhalt der letzten Spalte sehr ver 
ständlich erscheinen. Da fast alle Besitzer im Besitze von Bargeld sind. 
kann die Vererbung ohne Schwierigkeiten, häufig ohne die Notwendigkeit, 
irgend welche Schulden aufzunehmen, sich vollziehen. Dabei findet die 
günstige Vermögenslage der beiden letztgenannten Gemeinden keineswegs 
in besonders vorteilhaften, natürlichen bezw. wirtschaftlichen Verhältnissen 
ihre Erklärung. Wie schon aus den mitgeteilten Daten entnommen werden 
kann, ist die erstgenannte in Bezug auf Boden, Klima, Absatz sogar ent 
schieden ungünstig daran, und die zweite entbehrt zum mindesten günstiger 
Absatzverhältnisse. Vielleicht liegt indessen in dieser Abgeschiedenheit, 
der hieraus entspringenden Stabilität der Lebensverhältnisse mit ein be 
gründendes Moment für die günstige Lage. Sie erhielt die dort noch be 
stehende altbäuerliche Lebensführung, die sich durch harte, emsige Thätig 
keit, Einfachheit und Sparsamkeit im Geniessen in ungewöhnlich hohem 
Masse auszeichnet. 
Die vorstehenden Ermittlungen werfen auf die Verschuldungsverhält 
nisse der bäuerlichen Besitzer im Gebiete geschlossener Vererbung ein 
überaus vorteilhaftes Licht. Die Verschuldung zeigt sich allenthalben als sehr 
mässig, in keiner Weise wird ein bedenklicher Einfluss des Vererbungs 
modus merkbar. Wird für die genannten Gemeinden ein Durchschnitt 
gezogen, so ergiebt sich für die bäuerlichen Güter eine Verschuldung von 
etwa 15—16 %. Diese Belastung mag etwa zur Hälfte aus Erbfällen her 
rühren, sonst hat sie ihre Veranlassung in anderen Ursachen. Die Sitte 
geschlossener Vererbung hat also durchaus günstige Folgen bezüglich 
der Verschuldung gezeitigt. Erklärlich ist dieses erfreuliche Resultat zum 
Teil aus der Thatsache, dass die betreffenden Gemeinden den wohl 
habendsten und landwirtschaftlich höchst entwickelten Bezirken der 
preussischen Monarchie angehören. Die ehedem beträchtliche Rentabilität 
ihrer Wirtschaften ermöglichte es ihnen, ansehnliche Ersparnisse zu machen 
und damit den Erbgang wesentlich zu erleichtern. Insofern nimmt ja 
die Provinz Sachsen eine gewisse Ausnahmestellung ein. Andererseits trat 
aber eine gleich günstige Vermögenslage auch dort zu Tage, wo, wie in den 
Kreisen Worbis, Stendal, keineswegs besondere natürliche und wirtschaft 
liche Vorzüge gegeben waren. Voraussetzung war freilich auch hier die 
Möglichkeit, entsprechende Gewinne, und bei äusserster Sparsamkeit an 
sehnliche Ersparnisse zu machen. Wo die Rentabilität versagt, da 
tritt naturgemäss eine erhebliche Verschuldung ein, die eine 
Erschütterung der obwaltenden Erbgewohnheit schliesslich im 
Gefolge hat. 
Recht deutlich hat sich dieser verhängnisvolle Einfluss der gegen 
wärtigen Agrarkrisis in der Wische gezeigt, jenem Marschland zwischen 
Elbe und Aland unterhalb Magdeburg im Österburger Kreise. Als typisch 
dafür kann die Gemeinde H. angesehen werden. Wie die übrigen Wische-
	        
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