862 IV. Zusammenh. Rechtsschutzinteressen. § 154. Anspr. u. Gegenanspr.
a) Sind die mehreren Ansprüche ursprünglich in selbständigem
Prozesse anhängig gewesen und erst nachträglich durch Dekret
verbunden worden (§ 138), so sind sie in ihrem Schicksal nur
wenig voneinander abhängig.
1. Wenn von mehreren zum Zweck gleichzeitiger Verhandlung
und Entscheidung verbundenen Prozessen nur der eine zur End
entscheidung reif ist, so mufs dieser eine unbedingt durch
Endurteil erledigt werden. Die (vom Gesetz rein formal ver
standene) Entscheidungsreife des einen Anspruchs tritt auch ein,
wenn bezüglich desselben ein Prozefsmangel hervortritt und
Prozefsabweisung hinsichtlich des einen Anspruchs nötig wird.
Wenn sich z. B. nach der Verbindung Unzuständigkeit, Schieds
vertrag herausstellt, so geht nichtsdestoweniger der Prozefs
über den andern Anspruch unberührt weiter.
2. Entsprechend kann das Gericht auch, nachdem einmal die
Verbindung angeordnet war, dieselbe nachträglich wieder auf
heben (§ 141) und von neuem nicht nur Trennung der Ent
scheidung vornehmen (nr. 1), sondern auch Trennung der Ver
handlung anordnen.
b) Enger ist die Verbindung im Fall der Widerklage.
1. Ist in solchem Fall „nur die Klage oder die Widerklage
zur Endentscheidung reif, so hat zwar auch im Zweifel das Ge
richt dieselbe durch Endurteil — in diesem Fall Teilurteil
zu erlassen; aber schon hier kann es dieselbe unterlassen, wenn
es sie nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet (§ 273,
vgl. darüber oben S. 513). Noch enger zeigt sich die Verbindung
darin, dafs der Zusammenfall der Vorklage von Rechtswegen
auch die Anhängigkeit der Widerklage beseitigt und dafs deshalb,
wenn durch Klagzurücknahme, Prozefsabweisung wegen Mangels
einer Prozefsvoraussetzung die Vorklage sich erledigt, auch die
Möglichkeit und Pflicht des Gerichts wegfällt, über die Wider
klage zu urteilen 1.
2. Entsprechend ist auch während der Verhandlung der
Verband zwischen Vorklage und Widerklage fester als nach Zu
sammenlegung (oben lit. a nr. 2). Das Gericht kann zwar auch
hier anordnen, dafs, „wenn der Beklagte eine Gegenforderung
vorgebracht“ hat, die Ansprüche in getrennten Prozessen ver
handelt werden, aber nur dann, wenn sie „mit der in der Klage
geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammen
hang steht“ (§ 136)2. Die Trennung kann also mit andern Worten
hier nur in denjenigen Fällen des § 33 erfolgen, wo die Wider
klage lediglich mit den Verteidigungsmitteln gegen den
Anspruch zusammenhängt (oben S. 861).
1 In der Erhebung der Widerklage liegt jedoch eine Verhandlung zur Sache. Folg
lich kann die Klagzurücknahme nach Erhebung der Widerklage nur mit Einwilli
gung des Beklagten und Widerklägers (§ 243) erfolgen. Vgl. Fitting (7) 315.
2 Neue Fassung des § 136 durch Entw. d. Nov. bringt dies noch deutlicher zum
Ausdruck