Bedingungen in der Widerklage.
859
auf Herstellung des verdungenen Werks die Klage auf das Ent
gelt gegenübersteht !
b) Durch einseitigen Parteiakt wird die Verbindung
von Anspruch und Gegenanspruch zum einheitlichen Prozefs be
wirkt mittels Widerklage, d. h. mittels Erhebung einer Klage
des Beklagten innerhalb des Prozesses des Klägers (Vorklage)
gegen ihn selbst. Die Widerklage entspricht auf seiten des Be
klagten der Klaghäufung auf seiten des Klägers, wird aber jeden
falls formell unter erheblich andere Grundsätze gestellt als diese.
1. Widerklagen „können bis zum Schlüsse derjenigen münd
lichen Verhandlung, auf welche das Urteil ergeht, geltend ge
macht werden“ (§ 251). Während also Klaghäufung nur durch
gemeinsame Klagerhebung, mit andern Worten bei Einleitung
des Prozesses zulässig ist, ist Widerklage auch im Laufe des
Prozesses möglich. Nur in der Berufungsinstanz ist sie aus
geschlossen, weil dort „neue Ansprüche“ überhaupt nicht rechts
hängig gemacht werden dürfen (C.P.O. § 491, 2, — oben S. 552),
ebenso aus Rücksichten der Vereinfachung und Beschleunigung in
der erstinstanzlichen Verhandlung des Urkundenprozesses (§ 558, 1) 2.
2. „Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses
erhobenen Anspruchs (also nach nr. 1 auch einer Widerklage) tritt
erst mit dem Zeitpunkte ein, in welchem der Anspruch in der
mündlichen Verhandlung geltend gemacht wird“ (§ 254). Während
also die Klaghäufung nur unter Wahrung der Formalitäten
der regelmässigen Klagerhebung (Zustellung eines Schriftsatzes)
zustande kommt, erfolgt die Widerklage formlos, — nur
dals im Landgerichtsprozefs die Rezefsbeurkundung des Widerklag
antrags (nur dessen, nicht des Anspruchs) nötig wird (§ 269,
oben S. 368)3
3. Eine Widerklage kann „bei dem Gericht der Klage
erhoben werden (§ 33). Durch diese unter die Zuständigkeits
1 Also jedenfalls der Fall, wo aus einem Rechts- bezw. Vertragsverhältnis zwei
actiones directae abfliefsen. Ob auch die Beziehung der actio directa zur actio contraria,
also zu der aus dem gleichen Vertragsverhältnis herrührenden, aber nicht notwen dig
daraus erwachsenden, einen rechtlichen Zusammenhang einschliefst, kann zweifelhaft
sein (z. B. Klage auf Herausgabe eines im Stalle des B mietweise eingestellten Pferdes.
Klage des B auf Schadensersatz daraus, dafs das Pferd, ein Krippenbeifser, die andern
angesteckt hat). Im Zweifel ist die erweiternde Auslegung anzunehmen. Nur sind diese
Fälle wiederum nicht zu verwechseln mit dem zweiten der oben angegebnen Fälle des
thatsächlichen Zusammenhangs.
2 Dals sie nicht im Prozefs über Arrestgesuch oder Gesuch um einstweilige Ver
fügung erhoben werden kann, versteht sich von selbst, da solches Gesuch nicht Klage ist
(oben S. 325), eine Vorklage fehlt. — Der Ausschlufs der Widerklage in Entmündigungs
sachen (§ 608. 620. 624. 626) ergiebt sich schon daraus, dass dieselben nicht Civilprozefs
sind (oben S. 135)
8 Die Aufnahme der Widerklage in den vorbereitenden Schriftsatz, besonders in
die Klagbeantwortungsschrift (§ 244), ist nur Ankündigung derselben, macht sie nicht
rechtshängig, — so insbes. auch in den Fällen, wo der Kläger nachträglich ausbleibt. In
diesen Fällen wird fraglich, ob nunmehr in Abwesenheit des Klägers der Beklagte eine
Widerklage überhaupt erheben kann (selbst wenn er sie nach § 300 n. 3 vorher mitgeteilt
hat). R.G. 28, 407, Mot. 312, Struckmann-Koch § 33 n. 6, Petersen § 33, Fitting
(7) 517 lassen dies zu. In Wahrheit kann aber eine Klage nur gegenüber dem Gegner
erhoben werden, und da dies durch Schriftsatz nicht geschehen kann, so kann es nur in
der Verhandlung, also in praesentia adversarii geschehen. Bleibt Kläger aus, so kann
der Beklagte nur Versäumnisurteil nach § 295, nicht (über die Widerklage) nach § 296 er
langen. (Wach, Vortr. [2] 55; Seuffert § 33 n. 5; Wilm.-Levy § 254 n.1; Gaupp § 33.
Nimmt Kläger nach Ankündigung der Widerklage die Klage zurück, so ist Widerklage
nicht mehr möglich (R.G. 34, 366).