Einflufs der Prozefsmängel auf die kontradiktorische Verhandlung. 819
die Nichtigkeitsgründe werden — und zwar mit fort
schreitender Intensität, je höher die Nachprüfung rückt — in
ihrem Einflufs auf die Gültigkeit des Prozesses abgeschwächt.
a) Die Präklusivbehandlung der Anfechtungsgründe
(Rechtshängigkeit, mangelnde Kostenerstattung, Schiedsvertrag etc.
wird in Anlehnung an die verunglückte Fassung des § 247 auf
die Berufung und (argo. § 529) auf die Revision durch § 490, 1
übertragen. „Prozefshindernde Einreden, auf welche die Partei
wirksam verzichten kann, dürfen nur geltend gemacht werden.
wenn die Partei glaubhaft macht, dafs sie ohne ihr Verschulden
aufser Stande gewesen sei, dieselben in erster Instanz vorzubringen.
b) Umgekehrt folgt aus § 490, 1 cit. zunächst, dafs die „nicht
verzichtbaren Einreden, richtiger die nicht der Parteirüge über
lassenen Nichtigkeitsgründe auch in den Oberinstanzen noch
geltend gemacht werden können. Dies wird für die Revision und
demgemäls implicite erst recht für die vorausgehende Berufung
noch ausdrücklich durch § 513 anerkannt, wonach die wichtigsten
Nichtigkeitsgründe als solche Mängel bezeichnet werden, deren
Nichtbeachtung unter allen Umständen eine für das Urteil kausale
Prozelsrechtsverletzung abgeben sollen, —
unvorschriftsmässige
Gerichtsbesetzung, Mitwirkung eines unfähigen oder mit Erfolg
abgelehnten Richters, Verletzung der Zuständigkeit (nr. 4), der
Prozefsunfähigkeit und Mangel des Vertretungsrechts (nr. 5);
und hieraus darf eine gleiche Behandlung für die Mängel der Un
zulässigkeit des Rechtswegs und der Parteifähigkeit geschlossen
werden, da diese Mängel stärker sind als nr. 4. 5 (vgl. aufser
dem § 509 nr. 1). Aber hierzu kommen sofort Abschwächungen;
Vereinzelt wird schon für Berufung und Revision selbst
eine Ausnahme hinsichtlich des Zuständigkeitsmangels aufgestellt.
„Das Urteil eines Landgerichts kann nicht aus dem Grunde an
gefochten werden, weil die Zuständigkeit des Amtsgerichts be
gründet gewesen sei“ (§ 10 C.P.O.)', und zwar auch dann nicht.
wenn vor dem Landgericht die Unzuständigkeitseinrede erhoben
und unberücksichtigt gelassen worden war2,
2. Vor allem aber werden — wenn einmal Berufung und Revision
erschöpft sind, wenn also nur noch durch Nichtigkeitsklage ein
Urteil wegen prozessualer Mängel angefochten werden kann,
die vom Gericht zu beachtenden Nichtigkeitsgründe enger be
grenzt. Nur unvorschriftsmässige Besetzung des Gerichts, Mit
wirkung eines unfähigen oder mit Erfolg abgelehnten Richters und
Mängel in der Vertretung können noch zur Annullierung des Pro
zesses führen (§ 542, 1—4), während Unzulässigkeit des Rechts
wegs, Zuständigkeitsverletzung ihrer Eigenschaft als Nichtigkeits
grund, wenn einmal das Urteil so viel Stadien der gerichtlichen
1 Vgl. dazu R.G. 18, 361. 377. 13, 368.
2 R.G. 11, 433.
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