Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

768 IV. Rechtsschutzbedingungen. § 136. Beseitigung d. Vollstreckungstitels. 
unter Umständen den Vollstreckungstitel selbst wieder zu beseitigen, 
aus dem bereits Vollstreckung gegen ihn eingeleitet ist oder aus 
dem baldige Vollstreckung wenigstens drohend bevorsteht. Selbst 
verständlich dienen diesem Interesse zunächst die sämtlichen 
Rechtsmittel im weitesten Sinn, d. h. die Parteianträge, welche 
bezwecken, die erlassene vollstreckbare Entscheidung im Rah 
men des gleichen Verfahrens wieder zu beseitigen, und es 
kann demgemäss der Schuldner die Vollstreckungsthätigkeit des 
Gerichtsvollziehers (in der § 135 bezeichneten Weise) vor allem 
dadurch zum Erlöschen bringen, dafs er ein höherinstänzliches 
Urteil beibringt, das das vorläufig vollstreckbare Urteil der Unter 
instanz aufhebt, — ein Urteil im Nachverfahren, welches das 
Vorbehaltsurteil des Urkundenprozesses aufser Kraft setzt (oben 
S. 723), — ein kontradiktorisches Urteil, welches ein vorläufig 
vollstreckbares Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbefehl 
beseitigt (oben S. 394. 732), ein Widerspruchsurteil, welches Arrest 
befehl oder einstweilige Verfügung aufhebt (oben S. 743) u. s. w. 
Aber schon dadurch kann nach Erlafs des Vollstreckungstitels 
ein ganz neues Verfahren in Gang kommen, dals wegen eines 
Nichtigkeits- oder Restitutionsgrundes die Wiederaufnahmeklage 
auch gegen ein schon rechtskräftiges Urteil, — ein nicht mehr 
appellables oder revisibles kontradiktorisches Urteil oder ein nicht 
mehr einspruchsfähiges Versäumnisurteil — erhoben wird. Auch 
das hier erstrittne Urteil dient in seinen Wirkungen dem Schutz 
des Schuldners gegen die Vollstreckung im Sinn § 691 n. 1. Vor allem 
aber auf die Vollstreckung berechnet ist ein weiterer eigenärtiger 
Rechtsbehelf, welcher nicht wie die Rechtsmittel und wie auch 
noch die Wiederaufnahmeklage die Fehlerhaftigkeit des erlassnen 
Vollstreckungstitels (wegen prozessualen Mangels oder ungerechten 
Inhalts der Entscheidung) behauptet, sondern geltend macht, dals 
die an sich richtig erlassne Entscheidung der Sachlage nicht 
mehr entspricht, dafs also eine Vollstreckung zur Zeit nicht 
mehr zulässig sei. Auch dieser Rechtsbehelf tritt in Form der Ein 
leitung eines neuen Prozesses durch Klagerhebung, nämlich 
in Form der sog. Vollstreckungsgegenklage des § 686 auf. 
Durch die Vollstreckungsgegenklage sind Einwendungen, 
welche den bereits „durch Urteil festgestellten Anspruch selbst 
betreffen“, geltend zu machen; doch sind dieselben „nur insoweit 
zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem 
Schlüsse derjenigen mündlichen Verhandlung, in welcher Ein 
wendungen in Gemässheit der Bestimmungen des Gesetzes spätestens 
hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind“ (Abs. 2). 
Die Klage bezweckt also die Geltendmachung solcher thatsäch 
lichen Umstände, die wegen ihrer Beziehung zum Anspruch im 
Rechtsstreit geltend zu machen gewesen wären, aber wegen ihres 
späteren Eintretens damals (bis zum Schlufs der mündlichen Ver 
handlung S. 521) gar nicht geltend gemacht werden konnten. Im 
einzelnen dient sie :
	        
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