Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

Stoffsammlung und Entscheidung des Urkundenprozesses. 
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(nach dem obigen S. 716) zu beachten, dafs auch die Beweisgrundsätze des 
§ 558, 2 wieder aufser Kraft treten; soweit „die in § 555 erwähnten That 
sachen“, d. h. die Klaggrundthatsachen in Betracht kommen. Für sie 
bedarf es unter allen Umständen der Vorlegung beweiskräftiger Urkunden; 
denn die urkundliche Beweisbarkeit dieser Thatsachen wird nicht nur zum 
Beweis eines Teils des Urteilsstoffs, sondern in erster Linie zum Beweis der 
Bedingung der Rechtsschutzform erheblich. Bezüglich dieser Thatsachen 
kann deshalb der Urkundenbeweis nicht durch Eid, aber auch nicht durch 
ausdrückliches oder stillschweigendes Geständnis ersetzt werden'. In den 
Fällen, wo die Thatsache der Urkundenechtheit mit zur Begründung des 
Anspruchs gehört (wie beim Wechsel, wo allein die Unterschrift die Passiv 
legitimation des Beklagten begründet), würde an sich auch sie von § 555 er 
griffen werden. § 558, 2 nimmt jedoch die Behauptung der Echtheit, bez. 
Unechtheit ein für allemal von § 555 aus. Sie kann also stets durch Ge 
ständnis oder Eid aufser Streit gestellt werden 2. 
Den eigentlich charakteristischen Ausdruck seines Wesens 
findet deshalb der Urkundenprozefs erst in der Form und dem 
Inhalt der ihn abschliefsenden Entscheidung. Dieselbe ist 
durchaus eigenartig, — dreht sich um die Frage, ob auf Grund 
der beschränkten Kognition der erbetene provisorische Rechts 
schutz zu versagen oder zu erteilen sei. Infolgedessen kann der 
Urkundenprozefs als solcher zunächst zu einem doppelten Ergebnis 
führen. 
a) „Ist der Urkundenprozefs unstatthaft, ist insbesondere ein 
dem Kläger obliegender Beweis nicht mit den im Urkundenprozesse 
zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln 
nicht vollständig geführt, so wird die Klage als in der gewählten 
Prozefsart unstatthaft abgewiesen“ (§ 560 f.). Diese Ent 
scheidung beendet wegen Spruchreife den Prozefs, ist klagabweisendes 
Endurteil (§ 272, — oben S. 512). Aber freilich, sie spricht 
nicht, wie das klagabweisende Endurteil des ordentlichen Prozesses, 
das Nichtbestehen des Anspruchs rechtskräftig aus, sondern ver 
neint lediglich die Vorbedingungen, die das Gesetz für die An 
ordnung beschleunigter Vollstreckung aufstellt, spricht das Nicht 
bestehen des summarischen Rechtsschutzanspruchs aus. 
Zum Erlafs dieser Entscheidung genügt also der Mangel irgend eines 
der früher (oben II) bezeichneten Erfordernisse (Mangel der Eigenschaft des 
Anspruchs als eines Fungibilienanspruchs, Bedingtheit desselben, — bes. 
Fehlen einer Urkunde oder wenigstens einer beweiskräftigen Urkunde 
für ein Element des Klaggrunds — u. s. w.) 
1 Dies ist die unausweichliche Konsequenz der oben S. 717 dargel. Grundgedanken 
des Gesetzes (von C.P.O. bestätigt anläfslich des Versäumnisverfahrens, wo ebenfalls das 
Ausbleiben des Beklagten den Kläger nicht der Urkundenvorlegung überhebt, — vgl. 
unt. S.722). Die Voraussetzungen der Prozefsarten sind dem Verhandlungsprinzip entzogen 
und können deshalb durch Nichtbestreiten nicht berührt werden (vgl. oben S. 722 z. Anf.) 
So auch Stein 98 f.; Francke, Z. 4, 284; Gaupp-Stein (3. A.) § 560 II; Seuffert 
n. 2; Wilm.-Levy n. 7; Petersen (2. A.) 814 u. A. Die entgegenges. Ansch. des R.G. 
12, 133, 30, 408 (dafür nur Struckm.-Koch n. 3; Sydow, Z. 2, 479) ist bei dem gegen 
wärtigen Stand des Rechts indiskutierbar unrichtig und beruht auf äufserlicher Wort 
interpretation. 
Andere Frage ist, ob das praktische Ergebnis des geltenden Rechts nicht darauf 
hinweise, dafs die formale Behandlung der „Urkundlichkeit“ (s. oben) der Verbesserung 
bedürftig. 
2 Vgl. Stein 113. 125. 
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Richard Schmidt, Lehrbuch des Civilprozefsrechts.
	        
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