690 IV. Rechtsschutzbedingungen. § 125. Leistungs- u. Feststellungskläge.
Leistungsklage ist also begründet, wenn die Forderung auf Geldzahlung,
auf Herstellung des verdungnen Werks, auf Lieferung der Kauf-, Mietsache
trotz Fälligkeit nicht erfüllt worden, — wenn die eigne Sache des
Klägers thatsächlich im Besitz des Beklagten ist, ohne dafs dieser ein Recht
(Niefsbrauch, Pfand-, Retentionsrecht) zum Behalten hat (vindicatio, Publiciana),
wenn das Grundeigentum durch Benutzung der Hausmauern, durch Be
fahren des Hofs etc. ohne zu Grunde liegendes Recht wirklich gestört
worden ist, u. dergl.
Worin das Bedürfnis nach augenblicklicher Befriedigung besteht, kann
zweifelhaft sein bei Ansprüchen auf Unterlassung einer Handlung (z. B.
auf Unterlassung der Störung fremden Grundeigentums, der Vervielfältigung
fremder Schriften, Bildwerke etc., — oben S. 591) und bei Ansprüchen auf
Duldung der Vornahme einer fremden Handlung (z. B. auf Duldung
der Ausübung einer fremden Wege-, Fahr-, Wasserschöpfgerechtigkeit etc.,
oben S. 591). Anscheinend werden sie verletzt, unbefriedigt durch Zuwider
handlung (Betreten des Grundstücks, Verhinderung des Wasserschöpfens).
In Wahrheit ist jedoch die vor der Klage, bezw. dem Urteil schon erfolgte
Zuwiderhandlung an sich gleichgiltig, denn die Vollstreckung des Urteils
(Strafandrohung im Urteil oder durch nachfolgenden Beschlufs, § 775) macht
nicht die erfolgte Handlung ungeschehen, sondern beugt nur künftigen,
sich trotz des Urteils wiederholenden Zuwiderhandlungen vor. Daraus folgt
aber, dafs ein Bedürfnis nach sofortiger Befriedigung, also die Vor
bedingung für eine Leistungsklage stets dann vorliegt, wenn künftige
Zuwiderhandlung erwartet werden kann, vorausgesetzt nur, dals
schon jetzt die Unterlassung oder Duldung verlangt werden darf. Eine
solche Erwartung unmittelbar eintretender Zuwiderhandlung wird aber nicht
erst dadurch begründet, dafs der Verpflichtete thatsächlich zuwidergehandelt
hat, sondern schon dadurch, dafs er es in Aussicht stellt, seine Verpflichtung
bestreitet oder ignoriert, also nicht nur durch turbatio factis, sondern auch
durch turbatio verbis. Das Leistungsinteresse verwirklicht sich hier also in
einer Form, in der sich sonst meist das Feststellungsinteresse zu verwirk
lichen pflegt (s. unten S. 695)1 2.
III. (Die Bedingungen des Urteilsschutzes durch
Feststellung.) Als Bedingung für die erfolgreiche Erhebung
der Feststellungsklage bezeichnet § 231 ein „rechtliches Interesse
daran, dafs das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung
alsbald festgestellt werde“. Hiermit ist einerseits betont, dals auch
die Erteilung des Feststellungsschutzes von einem rechtlichen
Interesse, d. h. einem rechtserheblichen und als solches unter dem
Rechtssatz zu prüfenden Interesse, also einer objektiv erkennbaren
und erweisbaren Beziehung der Parteien zu dem zweifel
haften Anspruche abhängt. Ein blofs subjektives Interesse des
Auf diese anscheinende Anomalie hat richtig Wach, Feststellungsanspruch 40
aufmerksam gemacht. Aber unrichtig ist seine Folgerung, deshalb sähen sich hier Fest
stellungsurteil und Verurteilungsurteil gleich, bez. der Unterschied zwischen ihnen falle
weg. Von den gekennzeichneten Verurteilungen hebt sich auch hier deutlich das Fest
stellungsurteil ab in den Fällen, wo künftige Zuwiderhandlung vom Verpflichteten schon
angedroht worden, aber Unterlassung augenblicklich noch gar nicht verlangt
werden kann (vgl. solche Fälle unten S. 695).
2 Es ist demgemäss auch Leistungsklage, wenn neben der Klage gegen eine
Ehefrau wegen einer von ihr mit Bewilligung des Ehemanns kontrahierten Schuld auch
gegen den Ehemann Klage erhoben wird mit dem Antrage, dafs er die Vollstreckung
dieser Forderung in das seiner Verwaltung unterstehende eheweibliche Vermögen zu
dulden habe, — vorausgesetzt, dafs er die Forderung mit bestritten hat. Denn was hier
verlangt wird, ist eine Leistung, äufseres Verhalten gegenüber einem beschrän
kenden Thun des Klägers. Verkehrt behandelt R.G. 6, 397 solche Klage als Feststellungs
klage.