III. Prozefshandlungen.
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§ 102. Revision.
des französischen Rechts, soweit letztere in andern deutschen Ländern aufsei
Elsals-Lothringen Geltung erlangt haben, begründet die Revision, auch wenn
der Geltungsbereich der einzelnen Bestimmung sich nicht über den Bezirk
des Berufungsgerichts hinaus erstreckt!.
d) Eine rein positivrechtliche Beschränkung hat endlich die
C.P.O. in der Erkenntnis hinzugefügt, dafs zur Wahrung der
Rechtseinheit nicht alle, sondern nur manche (in ihrer rechtlichen
Natur typische) Fälle der Nachprüfung unterworfen zu werden
brauchen. In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche An
sprüche ist deshalb „die Zulässigkeit der Revision durch einen
den Betrag von 1500 Mark übersteigenden Wert des Beschwerde
gegenstands (die sog. summa revisibilis, summa gravaminis oder
Revisionssumme) bedingt“ (§ 509) 2.
Nur vereinzelt findet die Revision ohne Rücksicht auf den Wert statt.
nämlich — abgesehen von statusrechtlichen Sachen (oben S. 205) — nach der
Ausnahmevorschrift des § 509:
1. insoweit es sich um die Unzuständigkeit des Gerichts oder die Un
zulässigkeit des Rechtswegs oder die Unzulässigkeit der Berufung handelt;
2. in den Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, für welche die Land
gerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands ausschliefslich
zuständig sind.
IV. (Revisionsverhandlung.) Wie auf die Bedingungen
des Rechtsmittels, so macht sich die Verbindung der beiden gesetz
geberischen Rechtsgedanken auch auf seine Wirkungen und
zwar zunächst auf die Gestaltung der gerichtlichen Prüfungsthätig
keit, die „Verhandlung“ im weiteren Sinne geltend. Auch sie
unterliegt, wie die Berufungsverhandlung, im Zweifel den Vor
schriften, welche die Verhandlung erster Instanz vor den Land
gerichten regelt, aber auch sie nur vorbehaltlich der ausdrücklich
statuierten Abweichungen (§ 520). Die wichtigste dieser Ab
weichungen ergiebt sich aus dem Prinzip des § 511, wonach die
Revision nur Fehler der Rechtsanwendung rügen darf und liegt
in § 524: „Für die Entscheidung des Revisionsgerichts sind die
in dem angefochtenen Urteile gerichtlich festgestellten Thatsachen
malsgebend.“ Das Reichsgericht darf demgemäss keine Prozefs
handlungen vornehmen oder zulassen, welche darauf gerichtet sind.
die Richtigkeit der Überzeugung nachzuprüfen, die sich das
Oberlandesgericht von den beurteilten Thatsachen, bes. den privat
rechtlich erheblichen Thatbeständen, gebildet hat oder die
Richtigkeit der Angaben, die es über die selbst wahrgenommenen
prozessualen Vorgänge (Behauptungen, Geständnisse, Eides
1 Übersicht über die hieraus abzuleitenden Konsequenzen und die grofse Judikatur
des R.G. zur Frage in den Kommentaren, vgl. z. B. Gaupp-Stein zu § 511 I.
2 Die früheren Entw. der C.P.O. hatten in dieser Hinsicht eine andre Beschränkung
vorgesehen. Nach Entw. III sollte das Korrektiv gegen zu zahlreiche Revisionen in dem
Prinzip liegen, daßs nur, wenn die erstinstanzliche Entscheidung durch die Berufungs
instanz abgeändert worden, (bei sententiae difformes) Revision statthaft sein solle.
nicht wenn jene durch die Berufungsinstanz bestätigt worden (sententiae conformes;
vgl. noch jetzt die Regelung der weiteren Beschwerde § 531, unten S. 578). Die
gegenwärtige Normirung wurde statt dessen durch die R.J.K. des Reichstags eingeschoben.