Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

544 III. Prozefshandlungen. § 99. Abänderlichkeit der Entsch. 
erst mit dem (zufälligen) Moment ein, dafs die Partei wirklich die sofortige 
Beschwerde einlegt'. 
Im Gegensatz zur sofortigen Beschwerde kann die einfache 
Beschwerde (§ 530) für das Gericht, das den angefochtenen Be 
schlufs bezw. Verfügung erlassen hat, gerade ein Hauptanstofs 
werden, um diese Entscheidung abzuändern und so den Rechts 
mittelzug in die höhere Instanz überflüssig zu machen (§ 534, 
s. unten S. 577). Hier liegt der eine Punkt, wo Anfechtung und 
Abänderung sich berühren und zu gleichem Zwecke zusammen 
wirken (der andere a. E. lit. b). 
b) Andererseits wird auch an Urteilen dem dekretierenden 
Gericht ausnahmsweise die Abänderung gestattet, soweit es sich 
um untergeordnete, minderwichtige Punkte der Ent 
scheidung, handelt. C.P.O. gestattet sie in diesem Sinn, jedoch 
in gesetzlich genau bestimmten Grenzen in Form des Be 
richtigungs- oder Ergänzungsverfahrens der § 290 
bis 292. 
C.P.O. unterscheidet die Berichtigung und Ergänzung so, dafs es einen 
besonders wichtigen Fall der Berichtigung besonders heraushebt und diesen, 
im Gegensatz zu den sonstigen minder wichtigen Berichtigungen, den Er 
gänzungen gleich behandelt. Es kann hiernach kommen: 
1. zur Berichtigung von Schreibfehlern, Rechnungsfehlern 
und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten, welche in dem Urteil 
vorkommen. Die Initiative hierzu kann von Partei oder Gericht ausgehen 
(§ 290), die Prüfung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen. Die 
Entscheidung über die Berichtigung ergeht durch Beschlufs, der auf dem 
Urteil und dessen Ausfertigungen bemerkt wird (§ 290, 2). Die Zurückweisung 
des Berichtigungsantrags ist unanfechtbar, der berichtigende Beschlufs unter 
liegt sofortiger Beschwerde (§ 290, 3). 
2. zur Berichtigung von Mängeln des Thatbestands, — Un 
richtigkeiten, die nicht unter die geringen Versehen § 290 fallen, Auslassungen 
(z. B. der Beurkundung von Geständnissen, Eideszuschiebungen), Dunkelheiten 
oder Widersprüchen. Die Initiative hierzu muss die Partei binnen ein 
wöchiger Frist vom Aushang des Urteilsverzeichnisses durch Zustellung eines 
Schrifts. ergreifen, der den Berichtigungsantrag und die Ladung des Gegners zur 
mündlichen Verhandlung enthält (§ 291, 1—3). Die Prüfung erfolgt in münd 
licher Verhandlung, aber ohne Beweisaufnahme. Die Entscheidung ergeht 
durch Beschlufs, der auf dem Urteil und dessen Ausfertigungen bemerkt 
wird. (Eine Änderung des übrigen Teils des Urteils tritt nicht ein § 291, 5). 
Der Beschlufs ist unanfechtbar. In ihm wirken nur diejenigen Richter mit, 
welche bei dem Urteil mitgewirkt haben. (Bei Verhinderung eines Richters 
hat der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der älteste Richter den Stich 
entscheid). 
3. zur Ergänzung des Urteils, „wenn ein nach dem ursprünglich 
festgestellten oder nachträglich berichtigten Thatbestande von einer Partei 
geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt 
bei der Entscheidung ganz oder teilweise übergangen ist.“ Auch hierzu mufs 
1 So Wach, Vortr., 2. A.; Planck I, 476 n. 27; Gaupp § 540 IV; Seuffert n. 3 
u. s. w. Gegen den Wortlaut des Ges. die Mot. zum E. 333, die den Sinn des § 540 und 
den des Nordd. E. für identisch halten, und Struckm.-Koch 5; Wilm.-Levy n. 6; 
Kohler, Proz. als R.V. 50 u. a. Gesetzgeberisch ist natürlich die Herstellung des 
früheren Textes (Unabänderlichkeit, „wenn die Beschwerde an Notfrist gebunden ist“), 
wünschenswert.
	        
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