Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

Formelle Rechtskraft. Abänderlichkeit. 
543 
fällig und ausnahmsweise können sie zusammentreffen und sich 
gegenseitig beeinflussen (beachte den flgd. §, lit. a, lit. b a. E.). 
§ 99. Die Grenzen der Abänderlichkeit der Entscheidungen. 
Nach der Erwägung (oben § 98, lit. b, no. 1), dafs für die 
wichtigen und eingreifenden Entscheidungen eine Abänderung 
oder völlige Aufhebung nach ihrem Erlafs mit dem Interesse der 
Sicherheit und Stetigkeit der Rechtspflege nicht verträglich ist, 
gestattet C.P.O. solche nur bei minderwichtigen, insbesondere bei den 
geringfügigen Fällen der prozessualen Vorentscheidungen. Dies 
liegt ausgesprochen in § 289: „das Gericht ist an die Entscheidung, 
welche in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen 
enthalten ist, gebunden“, woraus (in Verb. m. § 294, 2; 534) folgt, 
dafs die Entscheidungen in Beschlüssen und Verfügungen 
grundsätzlich für das dekretierende Gericht nicht bindend, also 
widerruflich sind. Da jedoch die Unterscheidung von wichtigen 
und minderwichtigen Dekreten, wenn sie in äufserlicher Weise 
allein von dem Gegensatz von Urteilen einerseits, Beschlüssen 
und Verfügungen andererseits abhängig gemacht wird, eine mehr 
oder weniger willkürliche sein würde, so trägt C.P.O. Sorge, die 
Schroffheit der prinzipiellen Grenze durch zwei Ausnahme 
vorschriften abzumildern. 
a) Einerseits wird für diejenigen Dekrete, welche durch 
„sofortige Beschwerde“ anfechtbar sind (§ 540, 1) bestimmt, dals 
das Gericht „zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde an 
gegriffenen Verfügung’ nicht befugt“ ist (§ 530, 1). Es wird also 
auch für gewisse Beschlüsse und zwar solche besonders ein 
greifenden Inhalts, die Unabänderlichkeit ausgesprochen von dem 
Augenblick an, wo die Partei anfechtend gegen sie vorgeht. 
In allen Fällen der sofortigen Beschwerde handelt es sich (abgesehen 
von Zwischenurteilen, die ohehin nach § 289 unabänderlich sind) um Be 
schlüsse, die die Partei oder einen am Prozefs beteiligten Dritten oder einen 
Beamten unmittelbar beschränken, bez. verpflichten: Beschlüsse auf Ver 
werfung der Ablehnung von Richtern, Geschworenen, Sachverständigen (§ 46. 
49. 371), auf Zulassung des Nebenintervenienten (§ 68), auf Verurteilung eines 
Parteivertreters oder Beamten zur Kostentragung (§ 97), über die Höhe der 
Prozefskosten (§ 99) u. s. f. (§ 126. 229. 290. 301. 352 und 367. 639. 701. 813, 
dazu gewisse Dekrete im Entmündigungsverfahren § 604. 621. 619. 625, 2 
und Aufgebotsverfahren § 829). Überall besteht also ein Interesse daran, 
dafs möglichst rasch ein fester Zustand erreicht werde (wie bei den Urteilen). 
Zu diesem Zweck müsste aber folgerichtig C.P.O. die Unabänderlichkeit dieser 
Beschlüsse schon von ihrem Erlafs ab vorschreiben (so in der That 
Nordd. E. § 824). In Wahrheit tritt sie nach dem Wortlaut des Gesetzes 
1 Verfügung ist hier nicht im technischen Sinn (= Dekret des Vorsitzenden) ge 
braucht, sondern im Sinn der (im Beschlufs enthaltenen, § 289) Entscheidung (vgl. oben 
S. 508, A. 1), denn ausweislich der einzelnen Best. des Ges. richtet sich die sofortige Be 
schwerde stets gegen Dekrete des Gerichts (Zwischenurteile und Beschlüsse).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer