518 III. Prozefshandlungen. § 95. Entscheidungen über proz. Vorfragen.
Verteidigungsmittel von der Leistung eines Eides ab, so kann die Leistung
des Eides durch Beweisbeschlufs angeordnet oder auf dieselbe durch be
dingtes Zwischenurteil erkannt werden. Geschieht das letztere, so ist
nun aber nicht sofort (nach Rechtskraft dieses bedingten Zwischenurteils) der
Eid abzunehmen (bezw. über die Nichtleistung Klarheit zu schaffen) und
hierauf ein unbedingtes Zwischenurteil über den Streitpunkt zu erlassen)!.
Vielmehr erfolgt die Eidesleistung nur dann, wenn durch bedingtes End
urteil rechtskräftig erkannt ist, dafs es auf dieselbe für die Endentscheidung
des Rechtsstreits noch ankomme. Z. B. der Kläger klagt auf Rückzahlung
einer Geldsumme aus Darlehn, eventuell aus eigenmächtiger (furtiver) An
eignung deponierten Geldes. Beides wird bestritten, über die Darlehns
abmachung (wonach dem Beklagten das Recht erteilt worden, das Depositum
als Darlehn zu benutzen) der Eid zugeschoben, — über das furtum ein
Indizienbeweis angetreten. Der Eid wird durch bedingtes Zwischenurteil
auferlegt, — nach Ausscheidung dieses Streitpunktes aber zunächst der Be
weis der rechtswidrigen Aneignung durchgeführt. Glückt derselbe, so ist
damit die Darlehnsbehauptung und das Zwischenurteil hinfällig, — missglückt
er, so „kommt es auf die Entscheidung des Prozesses noch an“. Die Eides
auflage wird durch bedingtes Endurteil bestätigt und nach Rechtskraft des
selben geleistet. Hierauf wird Läuterungsendurteil erlassen 23
Dagegen kann ein Versäumniszwischenurteil über selbständige
Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht erlassen werden. Bleibt eine Partei
in der Verhandlung über ein solches aus, so ergeht immer Versäumnis
Endurteil (in der ganzen Sache)4. [Nicht zu verwechseln hiermit die Ver
säumniszwischenurteile über prozessuale Vorfragen C.P.O. § 312, 2,
unten S. 522).
§ 95. Die Entscheidungen über prozessuale Vorfragen.
Schollmeyer, der Zwischenstreit, 1880. — Faull, Begriff u. prakt. Bed. des Zw.-Str., 1893.
Wach, Vorträge (2. A. 1896), S. 117 ff., Planck I, 455.
I. (Form der Vorentscheidungen im allgemeinen.)
Während C.P.O. die Möglichkeit und die Form der Entscheidungen
über Anspruch und Prozefsrechtsverhältnis sowie über Vorfragen
der Hauptsache durch grundsätzliche Vorschriften regelt (§ 92—94),
fehlen allgemeine Grundsätze über den Erlafs der zahlreich
denkbaren prozessualen, d. h. lediglich das Verfahren be
treffenden Vorentscheidungen (über sie oben § 56) im Gesetz
fast vollständig. Es ist deshalb nicht nur eine im einzelnen Falle
zu prüfende Frage, in welchen Fällen solche erlassen werden
können, sondern es ist auch stets zweifelhaft, in welcher Form
sie gegebenenfalls zu ergehen haben, denn sicher ist jedenfalls
nur das, dafs sie an sich sowohl als Urteil wie als Gerichts
beschlufs wie auch endlich als Präsidialverfügung auftreten
können.
1 In den Fällen, wo der Eid durch Beweisbeschlufs auferlegt worden, ist also
erst recht nicht erforderlich, dafs nach dessen Leistung durch (unbedingtes) Zwischen
urteil über das Angriffs- und Verteidigungsmittel entschieden wird (R.G. 29, 114).
2 Anfechtbar ist deshalb auch nicht das Eideszwischenurteil, sondern das bestätigende
bedingte Endurteil.
3 Auch das Zwischenurteil, das über den Grund vorab entscheidet (oben lit. a),
kann als Eidesurteil erlassen werden. Dieses steht aber hinsichtlich der Rechtsmittel
„dem Endurteil gleich“. Hier ist also nach Rechtskrait zu schwören, unbedingtes
Zwischenurteil zu erlassen und darauf erst der Streit über den Betrag zur Entschei
dung zu bringen (Seuffert § 426 nr. 2 lit. c).
4 Vgl. oben S. 396.