Form der Entscheidungen.
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Anspruchsvollstreckung ist und zwar eine materielle Vor
frage, d. h. eine solche, von der das Bestehen oder Nichtbestehen
des Anspruchs abhängt, oder eine prozessuale Vorfrage,
d. h. eine Frage, von der der Gang des Verfahrens über den An
spruch abhängt. Letztere kann wiederum den ganzen Prozels
betreffen (Frage des Vorhandenseins einer Prozefsvoraussetzung) oder
einen einzelnen Teil des Prozesses, eine Frage der Vollstreckungs
Stoffsammlungs-, Prozefsbetriebsthätigkeit oder eine Frage der
Ordnung und Gliederung des Verfahrens (der sog. Prozefsleitung).
Näheres über dieses Verhältnis der verschiedenen Entscheidungen nach
ihrem Inhalt zu einander und zum Prozefszweck s. oben § 56.
III. (Form der Entscheidungen.) Dagegen werden die
Entscheidungen mit Rücksicht auf ihre Form als Urteile, Be
schlüsse und Verfügungen unterschieden und zwar die
Urteile und Beschlüsse als formelle Entscheidungen von den Ver
fügungen als den nicht formellen Entscheidungen, die Urteile als die
an solenne Form gebundenen Entscheidungen von den Beschlüssen
als den nicht solenn formulierten.
a) Die gröfsere Formalität der Urteile und Beschlüsse kommt
darin zum Ausdruck, dafs das Gesetz unter diesem Namen die
vom vollbesetzten Gericht, Kollegium, zu erlassenden Dekrete
zu bezeichnen pflegt, während unter Verfügungen meist die einer
kollegialen Beratung nicht bedürftigen Entscheidungen der
Kollegialorgane, besonders des Vorsitzenden, aber auch des
beauftragten Richters zusammengefalst werden.
Dieser Sprachgebrauch ist zu Grunde gelegt in § 294. Aber auch im
übrigen hat das Gesetz unter Urteilen und Beschlüssen meist Gerichts:
dekrete im Auge (§ 37. 46. 118. 127. 203. 257. 271. 290—91. 301. 304. 314.
320, 329. 345. 371. 374 426 u. ö.; dagegen im gleichen Sinn Anordnung oder
Entscheidung: § 132. 141. 143. 146. 160. 187), unter Verfügungen meist De
krete des Vorsitzenden (§ 330). Völlig zuverlässig ist auch hier die Termino
logie nicht, besonders spricht § 146 n. 5 von Urteilen, Beschlüssen, Ver
fügungen des Gerichts (beachte unten S. 511).
Ungefähr deckt sich mit der mehr oder minder solennen
Natur des entscheidenden Organs auch ein Unterschied in der
Erscheinungsform der Entscheidung. Während nämlich die
Gerichtsentscheidungen grundsätzlich in schriftlicher Form
abgefafst werden müssen (durch Aufnahme ins Sitzungsprotokoll,
soweit sie demselben nicht in selbständiger Anlage beigefügt
werden, § 146 n. 5)’ sind die Verfügungen des Vorsitzenden im
Zweifel nur mündlich zu erlassen.
Sie sind mündlich zu erlassen, soweit nichts besondres bestimmt ist
- G.V.G. § 176. 177).
(§ 127.
Nicht einen weiteren Gegensatz zwischen Urteilen und Beschlüssen einer
seits, Verfügungen andrerseits stellt der § 170 G.V.G. auf, wonach „die Ver
1 Dies wird, abgesehen von § 146 n. 5, auch noch in vielen Fällen speziell verfügt:
§ 184 G.V.G. — § 290. 291 etc.