Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

Beweiswert. Beweiskraft öffentl. Urkunden. 
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beweis. Einerseits sind Erscheinungsformen und Inhalt der 
Urkunden nach dem oben gesagten viel mannigfaltiger und die 
Kennzeichen ihres Werts viel weniger greifbar als bei der Be 
urteilung einer Auskunftsperson. Andererseits besteht gerade der 
Urkunde gegenüber für die Rechtssuchenden ein besonders 
dringendes Bedürfnis an geregelter und leicht berechenbarer Be 
urteilung. Die Menschen sind ja darauf angewiesen, Urkunden. 
sowohl dispositive wie berichtende, gerade zu dem Zweck sich zu 
schaffen, damit sie künftig in der Lage seien, ihre Rechtsverhält 
nisse leicht und sicher zu beweisen. Gerade des Hauptvorteils 
hiervon aber würden sie verlustig gehen, hinge in jedem einzelnen 
Falle die Beweiskraft von dem Ausfall der subjektiven Erwägung 
des Gerichts ab: die Sicherheit des Rechtsverkehrs würde 
hierunter empfindlich leiden. Demgemäßs trägt C.P.O. Sorge, dafs 
wenigstens bei gewissen immer wiederkehrenden Erscheinungen 
das Prozefsgericht in der Würdigung der Urkunden durch gesetz 
liche Beweisregel (in Durchbrechung des § 259) gebunden 
werde. Es gelten folgende Rechtssätze: 
a) „Offentliche Urkunden“ erhalten eine bevorzugte, 
besonders gesicherte Beweiswirkung beigelegt (§ 380, 
382, 383), Unter ihnen versteht C.P.O. Urkunden, „welche von 
einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amts 
befugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen 
Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der 
vorgeschriebenen Form aufgenommen sind“ (§ 380), also alle 
solchen Urkunden, welche von Ausstellern herrühren, die kraft 
einer amtlichen oder ständigen Berufsstellung eine Bürgschaft für 
die Genauigkeit der Wahrnehmung und die Gewissenhaftigkeit 
der Mitteilung bieten. 
1. Werden solche Urkunden als Zeugnisurkunden, als 
Berichte über Thatsachen, für den Prozefs von Bedeutung, so be 
weisen sie kraft Gesetzes bis auf weiteres nicht nur die Abgabe 
der urkundlichen Erklärung, des amtlichen Berichtes seitens der 
Urkundsperson selbst, sondern sogar die berichteten Thatsachen. 
Dieses Prinzip wird zunächst von § 380 für den wichtigsten 
Spezialfall ausgesprochen, dafs der berichtete und durch die 
urkundliche Erklärung der Behörde oder Urkundsperson bescheinigte 
Vorgang seinerseits wieder eine Erklärung, nämlich die Abgabe 
einer solchen vor der Urkundsperson, ist, z. B. die Abgabe des 
Ehekonsenses vor dem Standesbeamten, der Testamensverfügung 
vor dem Verlassenschaftsgericht, der Hypothekenbestellung, 
Löschungs-, Eigentumsumschreibungsbewilligung vor den Grund 
buchbehörden, der Zeugenaussage vor Gericht, des gerichtlichen 
Parteivorbringens, das im Thatbestand des Urteils beurkundet ist 
(§ 285, vgl. oben S. 370). 
Aufserdem aber wird das gleiche Prinzip nochmals allgemein 
für alle weiteren Fälle durch § 383 wiederholt, also für Fälle, 
wo die Urkunde einen „anderen Inhalt“ hat, nicht eine Erklärung,
	        
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