Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

Zeugnisfähigkeit. 
477 
gesellschaft u. s. w. In allen solchen Fällen genügt die freie 
Beweiswürdigung des Gerichts, um den Nachteilen, die aus der 
Aussage solcher befangener Zeugen erwachsen könnten, vorzu 
— so wie auch in andern Fällen die Befangenheit des 
beugen, 
Zeugen vom Gericht berücksichtigt werden muss !. 
b) Hiernach liegt es nahe, diejenigen Personen von der 
Zeugenfähigkeit auszuschliefsen, welche sich im Prozesse in der 
Parteirolle befinden, — umgekehrt alle Personen als Zeugen 
zuzulassen, welche als „Dritte“, Unbeteiligte, der Prozefsführung 
gegenüberstehen. Diese Unterscheidung läfst sich jedoch bei dem 
Stillschweigen des Gesetzes aus dessen sonstigen Bestimmungen 
nicht ableiten. Wie schon dargelegt, läfst vielmehr C.P.O. als 
Anhaltspunkt nur soviel erkennen, dafs als Zeugen diejenigen 
Personen nicht vernommen werden können, welche durch Ge 
ständnis und Eid Prozefsstoff schaffen; gegen die Zeugen 
vernehmung andrer sprechen bestimmte Gründe nicht. Nun ist 
aber diese zweite Unterscheidung mit der obigen zwischen Partei 
und Dritten nicht gleichbedeutend. Vielmehr giebt es dritte Personen, 
die nicht Partei sind und doch die Parteierklärungen im Prozesse 
abgeben, und es giebt andererseits Parteien, welche gleichwohl 
Geständnisse und Eide ablegen können. Hieraus folgt, dals auch 
dritte Personen zeugnisunfähig und dafs andrerseits 
Parteien zeugnisfähig sein können. In der That wird dieses 
Prinzip: 
in seinem ersten Teile durch C.P.O. bestätigt. Der 
gesetzliche Vertreter der Partei (Altersvormund, Vormund 
des Entmündigten, Vorstand des Personenvereins) muls nach 
§ 435 (oben S. 287) im Zweifel die Eide für die Partei leisten, 
er nimmt auch alle sonstigen Dispositionsakte für die Partei vor. 
Somit kann er als Zeuge nicht vernommen werden ?3 
2. Nur die Kehrseite hiervon ist, dafs diejenigen Parteien, 
welche im Prozesse durch gesetzliche Vertreter repräsentiert 
werden und welche also nicht wirksam verhandeln, gestehen und 
schwören können, unbehindert zum Zeugnis herangezögen werden 
dürfen. Zeugnisfähig ist deshalb, ob wohl Partei, der Minderjährige, 
der Geisteskranke, der entmündigte Verschwender, der Konkurs 
schuldner, der Teilhaber einer liquidierenden Handelsgesellschaft, 
— auch der nicht firmierende 
der nicht zum Liquidator bestellt ist; 
Handelsgesellschafter, dieser selbst dann, wenn man in Prozessen 
der offenen Handelsgesellschaft die Sozien als die eigentlichen 
Parteien betrachtet. 
1 Bestätigt durch § 358 nr. 4, wo der am Ausgang des Prozesses „unmittelbar Be 
teiligte“ als Zeuge (wenn auch besonders) behandelt wird 
2 Ebenso R.G. II, 1 Okt. 80 2, 400 (Direktor einer Aktiengesellschaft); J. Woch. 1886, 
113 (Vormund). 
3 Dagegen ist das für den Prozefsbevollmächtigten wohl möglich (denn er 
befindet sich gerade im Hauptpunkt in einer andern Stellung: § 81. 440 C.P.O.), — ebenso 
für den Nebenintervenienten (denn auch er kann nicht schwören und nur mit Duldung 
der Partei Zugeständnisse abgeben, § 64).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer