Zeugnisfähigkeit.
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gesellschaft u. s. w. In allen solchen Fällen genügt die freie
Beweiswürdigung des Gerichts, um den Nachteilen, die aus der
Aussage solcher befangener Zeugen erwachsen könnten, vorzu
— so wie auch in andern Fällen die Befangenheit des
beugen,
Zeugen vom Gericht berücksichtigt werden muss !.
b) Hiernach liegt es nahe, diejenigen Personen von der
Zeugenfähigkeit auszuschliefsen, welche sich im Prozesse in der
Parteirolle befinden, — umgekehrt alle Personen als Zeugen
zuzulassen, welche als „Dritte“, Unbeteiligte, der Prozefsführung
gegenüberstehen. Diese Unterscheidung läfst sich jedoch bei dem
Stillschweigen des Gesetzes aus dessen sonstigen Bestimmungen
nicht ableiten. Wie schon dargelegt, läfst vielmehr C.P.O. als
Anhaltspunkt nur soviel erkennen, dafs als Zeugen diejenigen
Personen nicht vernommen werden können, welche durch Ge
ständnis und Eid Prozefsstoff schaffen; gegen die Zeugen
vernehmung andrer sprechen bestimmte Gründe nicht. Nun ist
aber diese zweite Unterscheidung mit der obigen zwischen Partei
und Dritten nicht gleichbedeutend. Vielmehr giebt es dritte Personen,
die nicht Partei sind und doch die Parteierklärungen im Prozesse
abgeben, und es giebt andererseits Parteien, welche gleichwohl
Geständnisse und Eide ablegen können. Hieraus folgt, dals auch
dritte Personen zeugnisunfähig und dafs andrerseits
Parteien zeugnisfähig sein können. In der That wird dieses
Prinzip:
in seinem ersten Teile durch C.P.O. bestätigt. Der
gesetzliche Vertreter der Partei (Altersvormund, Vormund
des Entmündigten, Vorstand des Personenvereins) muls nach
§ 435 (oben S. 287) im Zweifel die Eide für die Partei leisten,
er nimmt auch alle sonstigen Dispositionsakte für die Partei vor.
Somit kann er als Zeuge nicht vernommen werden ?3
2. Nur die Kehrseite hiervon ist, dafs diejenigen Parteien,
welche im Prozesse durch gesetzliche Vertreter repräsentiert
werden und welche also nicht wirksam verhandeln, gestehen und
schwören können, unbehindert zum Zeugnis herangezögen werden
dürfen. Zeugnisfähig ist deshalb, ob wohl Partei, der Minderjährige,
der Geisteskranke, der entmündigte Verschwender, der Konkurs
schuldner, der Teilhaber einer liquidierenden Handelsgesellschaft,
— auch der nicht firmierende
der nicht zum Liquidator bestellt ist;
Handelsgesellschafter, dieser selbst dann, wenn man in Prozessen
der offenen Handelsgesellschaft die Sozien als die eigentlichen
Parteien betrachtet.
1 Bestätigt durch § 358 nr. 4, wo der am Ausgang des Prozesses „unmittelbar Be
teiligte“ als Zeuge (wenn auch besonders) behandelt wird
2 Ebenso R.G. II, 1 Okt. 80 2, 400 (Direktor einer Aktiengesellschaft); J. Woch. 1886,
113 (Vormund).
3 Dagegen ist das für den Prozefsbevollmächtigten wohl möglich (denn er
befindet sich gerade im Hauptpunkt in einer andern Stellung: § 81. 440 C.P.O.), — ebenso
für den Nebenintervenienten (denn auch er kann nicht schwören und nur mit Duldung
der Partei Zugeständnisse abgeben, § 64).