III. Prozefshandlungen. § 85. Parteieide.
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und (wie die beeidigte Zeugenaussage) eventuell unbeachtet lassen,
sondern mufs sie als beweisend der Entscheidung zu Grunde
legen, ohne noch einen weiteren ergänzenden Beweis dafür zu
fordern !.
Über die Wirkung des Eides für einen anderen Prozefs, — für die andern
Verfahrensstadien desselben Prozesses (das Nachverfahren im Urkunden
prozefs, die Berufung, das Wiederaufnahmeverfahren) s. unten § 151.
b) „Der Beweis des Gegenteils findet nur unter denselben
Voraussetzungen statt, unter welchen ein rechtskräftiges Urteil
wegen Verletzung der Eidespflicht angefochten werden kann“. Mit
anderen Worten der Eid unterliegt nur einem beschränkten
Gegenbeweis (§ 428, Abs. 2). Der Eid wird nicht schon durch
den Beweis des Gegenteils mit Hilfe anderer Beweismittel ent
kräftet. Es wird vielmehr, wie zum Zweck der Anfechtung eines
auf angeblich unrichtigem Parteieide ruhenden Urteils, nur der
Beweis zugelassen, dafs der objektiv unrichtige Eid wissentlich
oder fahrlässig falsch geleistet worden (§ 543 n. I, — unten
§ 103) und auch dieser Gegenbeweis darf, wie dort (§ 544) nicht
ohne weiteres innerhalb des Civilprozesses geführt werden, sondern
ausschliefslich unter der Bedingung, dafs es vorher in einem
Strafprozesse zu einer Strafverurteilung der Schwörenden
wegen dieser Handlungen gekommen ist 2.
Hiernach ist der Eid der Partei jedenfalls, wie das Geständnis,
ein vor den übrigen Beweismitteln bevorzugtes Aufklärungs
mittel, und da der Schwörende durch die Schwurhandlung
unmittelbar Rechtswirkungen herstellt in dem Bewufstsein sie
hervorzubringen, so läfst sich auch der Eid, wie das Geständnis,
als ein Dispositionsakt, ein prozessuales Rechtsgeschäft be
zeichnen 3.
III. (Bedingungen der Verwertung des Eides). Das
Streben nach möglichster Einschränkung des Parteieides bethätigt
C.P.O. vor allem durch die Regeln, durch die sie den Gebrauch dieses
Mittels der Thatsachenaufklärung normiert. Während Geständnis
und Nichtbestreitung, deren nachteiliger Einflufs auf das Partei
interesse bereits ein genügendes Gegengewicht gegen unbegründeten
und der objektiven Wahrheit schädlichen Gebrauch bietet, freie
Willensakte der Partei sind, wird der Parteieid bei der ver
führerischen Bequemlichkeit, durch ihn eine bestrittene günstige
1 Konform mit Cod. civ. a. 1361. Preufs. A.G.O. I 13 § 10. Hannov, P.O. 290
2 Ausnahme nur, wenn trotz genügenden Beweises der Schuld die Einleitung oder
Durchführung des St P. nicht erfolgen kann, z. B. wegen Fehlens einer Prozefsvoraus
setzung (geistige Erkrankung, Abwesenheit des Beschuldigten u. s. w.), s. unten § 103.
3 Der Streit darüber, ob der Eid, speziell der zugeschobne, ein Beweismittel sei.
ist hiernach wesentlich doktrinär. (Leonhard, Eideszusch. in Familienprozessen, 1891,
Hellmann, Krit. V.J.Schr. 34, 571. Kleinfeller, Verh. d. 22. Jur.T. 1, 67 u. A.). Stellt
man der gleichen Wirkung wegen den Eid dem Geständnis gleich (wie hier geschehen),
so bleibt immerhin zu bedenken, dafs er in den Vorbedingungen wesentlich anders als
das Geständnis und mehr nach Analogie der eigentlichen Beweismittel gestaltet ist (vgl.
III bes. lit. b, IV).