III. Prozefshandlungen. § 84. Parteierklärungen.
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Partei nachgeholt werden kann, sowohl in der gleichen wie eventuell
in der Oberinstanz (§ 209, 2. 251. 493, — vgl. unten § 101, 11).
Durch eine solche wird hinsichtlich der einseitig behaupteten That
sache derselbe Zustand hergestellt, der durch sofortiges Leugnen
von Anfang an herbeigeführt worden wäre, mit andern Worten:
1, das Gericht mufs nunmehr von dem behauptenden Gegner.
falls er die Beweislast der Thatsache trug, Beweis fordern, widrigen
falls jene den Nachteil der Unbewiesenheit zu tragen hat.
2. Der ursprünglich Unthätige und nunmehr Bestreitende
muss gegenüber der Beweisführung des Gegners unbeschränkt zum
Gegenbeweise zugelassen werden.
Aus dieser grundsätzlichen Verschiedenheit der Tragweite er
hellt aber ohne weiteres, dafs man nicht in übergrofsem Streben
nach Vereinfachung versuchen darf, ausdrückliches und still
schweigendes Geständnis als Erscheinungsformen des gleichen
prozessualen Vorgangs zu verstehen oder überhaupt nur auf ein
einheitliches Prinzip zurückzuführen. Ihre Wirkungen beruhen
vielmehr auf getrennten, wenn auch verwandten Rechtsgedanken.
Die Folgen der Nichtbestreitung sind nur eine von den
vielen Konsequenzen des Grundsatzes des Parteibetriebs, der
Verhandlungsmaxime. Sie treten ein, weil nach der Absicht des
Gesetzes die Partei die Verantwortlichkeit für die stoffsammelnde
Thätigkeit des Gerichts tragen soll, d. h. weil das Gericht über
haupt solange nicht mit Beweiserhebungen thätig werden darf, als
die Partei es nicht verlangt. Die eine Abwehr-, Bestreitungslast
begründende gesetzliche Vorschrift, dafs die Nichterklärung oder
ungenügende Erklärung auf eine Behauptung des Gegners bis auf
weiteres einem Zugeständnis gleich behandelt werden soll, ist somit
nur eine künstliche Zweckmässigkeitsmafsregel, die zusammen mit
anderen (o. S. 342) einen indirekten Zwang auf die Partei zu thätigem
Stoffsammlungsbetrieb und damit zu möglichster Klärung des Sach
verhalts auszuüben berufen ist. Die Wirkungen des ausdrück
lichen Geständnisses dagegen führen zwar auch in letzter
Linie auf die Parteiverantwortlichkeit zurück, aber keineswegs auf
die richterliche Bindung, die infolge der Unthätigkeit der Parteien
überhaupt eintritt, sondern auf eine Gebundenheit an den Inhalt
der speziellen Parteierklärung. Die Bedeutung dieser Partei
erklärung liegt nicht nur (negativ) darin, dafs sie das Gericht
an anderen Beweiserhebungen hindert, sondern (positiv) darin,
dafs sie dem Gericht eine selbständige Unterlage für seine Vor
stellung vom Sachverhalt bietet, wie sie sonst durch Beweis
erhebungen erzielt wird. Und auch diese Überzeugungskraft ist eine
besonders gesteigerte, gesetzlich bestimmte. Schon wenn das Gesetz
sich begnügte, über eine zugestandene Thatsache die behauptende
Partei von jedem vervollständigenden Beweise zu befreien und nur dem
Zugestehenden den Beweis des Gegenteils (der objektiven Unwahr
heit) zu gestatten, hiefse dies die Parteiaussage mit bevorzugter
Beweiskraft ausstatten, eine gesetzliche Beweisregel aufstellen