Ausdrückliches und stillschweigendes Geständnis. Widerruf. 451
samkeit auch für die Berufungsinstanz (§ 494). Infolgedessen kann
das Gericht :
1. von dem Gegner des Gestehenden, insbesondere von dem
Behauptenden, nie, weder in der gleichen noch in einer höheren
Instanz, einen ergänzenden Beweis für die zugestandene That
sache fordern, auch wenn er nach den gesetzlichen Grundsätzen
(oben § 83) die Beweislast dieser Thatsache getragen hätte. Es
darf einen solchen nicht einmal zulassen. Vielmehr begründet das
Geständnis zu Gunsten des Gegners vollen Beweis.
2. Aber auch der Gestehende selbst ist in der Führung
des Gegenbeweises beschränkt. Er darf denselben, d. h. den
Beweis der objektiven Unwahrheit des Gestandenen, zwar antreten
und führen. Aber er nützt ihm nur, wenn er zugleich den
Beweis dafür erbringt, dafs das Geständnis „durch einen Irrtum
veranlalst“ worden sei, d. h. dafs er selbst an die Wahrheit
des Zugestandenen geglaubt habe. Der Käufer des Pferdes.
der im Prozesse über die Anfechtung des Kaufs die Behauptung, er
habe gewisse Mängel desselben gekannt, fälschlich aus Eitelkeit
auf den Ruf seiner Kennerschaft zugestanden hat, weil er meinte
die Klage mit Hilfe des Fehlens von zugesicherten Vorzügen zu
retten, bleibt an das Geständnis gebunden, auch wenn er nach
Fehlschlagen seiner Erwartung seine faktische Unkenntnis be
weist!. Das Geständnis erschwert also auch dem Ge
stehenden den Gegenbeweis.
An fernere Bedingungen ist diese weitgehende Wirkung vom
Gesetz nicht geknüpft. Vor allem ist dafür der Inhalt der zu
geständenen Behauptung unerheblich und keineswegs gelten sie
nur für die Fälle, wo die Kenntnis der fraglichen Thatsache
von der Partei erwartet werden konnte, d. h. wo sie in einer
eignen Wahrnehmung bezw. Handlung desselben bestand. Auch
das Geständnis über zeitlich weit zurückliegende Vorgänge
(Vereinbärungen, die bei einer Erbauseinandersetzung ein Vorfahre
der Partei im 18. Jahrhundert über die Grundstücksgrenzen ge
troffen hat), sowie über Ereignisse, die sich räumlich entfernt
von der Partei zugetragen haben (Vereinbarungen, die ihr Hand
lungsreisender mit einem Kunden in England getroffen) ist nur
unter den beschränkenden Bedingungen des § 263 zu entkräften.
b) Die Nichtbestreitung schliefst dagegen die Beweis
erhebung nur provisorisch bis auf weiteres aus. Die un
bestrittene Thatsache kann jederzeit zum Gegenstand der Beweis
erhebung gemacht werden, und zwar einfach durch nachträg
liche Bestreitung, die beliebig von der ursprünglich unthätigen
1 Der Beklagte im Alimentenprozefs der gegenüber der aufserehelichen Mutter
den Beischlaf mit derselben fälschlich zugestanden hat, weil er früher mit der Gunst
der fragl. Frauensperson geprahlt hat und dies nicht einräumen will, vielmehr glaubte
die Klage mit Hilte der exc. plurium concumbentium zurückschlagen zu können, bleibt
an sein Gest. gebunden, auch wenn sich herausstellt, dafs diese exceptio vom positiven
Recht nicht anerkannt ist (Demelius).
29*