Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

Klaggrund. Rechtsvernichtende, rechtshindernde Einreden. 
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hindernden Einreden als Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe bezeichnet 
werden: die rechtshindernden Einieden sind nicht nur Nichtigkeitsgründe 
(z. B. Resolutivbedingtheit) und nicht jeder Nichtigkeitsgrund ist Einrede (viel 
mehr ist z. B. die gesetzlich vorgeschriebne Form eines Rechtsgeschäfts 
B.G.B. § 125 — Teil des Klaggrunds, ihre Beobachtung vom Kläger zu be 
weisen). Wenn ferner die Einreden als exceptiones bezeichnet werden, so ist 
zu beachten, dafs diese Bezeichnung mit dem Begriff der römischen Ex 
zeptionen nichts gemein hat. Eine solche bedeutet einen Verteidigungsgrund, 
der ausdrücklich vom Prätor in der formula inseriert werden musste, um vom 
judex berücksichtigt und unter Beweis gestellt werden zu können, ist also 
mit dem Wegfall des Formularprozesses (oben § 6) gegenstandslos geworden1. 
Die gleichen Grundsätze, welche für eine Thatsache dem Be 
klagten die Beweislast auferlegen, können natürlich auch den 
Kläger beweispflichtig machen, soweit der Beklagte selbständig 
einen Anspruch behauptet (gegenüber einer negativen Feststellungs 
klage oder im Wege einer rechtsverfolgenden Einrede, oben S. 438). 
Schützt z. B. der Beklagte eine Kompensationseinrede vor, so ist die 
Behauptung, dafs diese Gegenforderung schon durch Zahlung ge 
tilgt sei, vom Kläger zu beweisen, und ebenso ist besonders in dem 
wichtigen Fall, wo gegenüber einer Klage aus gegenseitigem Ver 
trage (auf Kaufpreiszahlung) der Beklagte die rechtsverfolgende 
Einrede geltend macht, dafs der Kläger auch seinerseits (die 
Warenlieferung) zu erfüllen habe (exceptio non adimpleti 
contractus), die Behauptung, dafs bereits vertragsgemäfs Erfüllung 
bewirkt worden sei, vom Kläger zu beweisen2. Es besteht also 
nur als Konsequenz der Beweislast des Beklagten für die Einreden 
die Beweislast des Klägers für die sog. Repliken. 
Keine eigentliche Durchbrechung des Beweislastprinzips 
enthalten auch die vom positiven Recht (meist vom Civilrecht) 
aufgestellten Präsumtionen, einfachen Rechtsvermutungen 
(oben S. 431), welche den Richter nötigen, eine beweisbedürftige. 
aber an sich unbewiesene wesentliche Thatsache aus einer 
andern unwesentlichen Thatsache (Indiz) bis zum Beweise 
des Gegenteils als bewiesen zu schlufsfolgern, wie z. B. die Er 
zeugung des Kindes in der Ehe aus der Geburt in der Ehe 
bis zum Beweise, dafs der Ehemann der Frau innerhalb der 
Conzeptionsfrist nicht beiwohnen konnte (§ 1591, 2). Hier trifft 
in der That z. B. das Kind, das die Paternitätsklage anstellt 
oder dessen Ehelichkeit der angebliche Vater (durch negative Fest 
stellungsklage) verleugnet, die Beweislast der ehelichen Erzeugung, 
Wenn Wächter, Pandekten § 102 u. a. den Kreis der röm. Exzeptionen ohne 
weiteres mit dem Kreis derjenigen Einreden identifiziert, die nur auf ausdr. Erklärung 
des Beklagten berücksichtigt werden können, so ist dies willkürlich. Diese Eigen 
schaft beruht auf der inneren Natur der Einrede, nicht auf dem Verhältnis der exceptio 
zur zufälligen und historisch gewordnen Redaktion der röm. formula. 
2 Nur wird diese Konsequenz des Prinzips oben lit. a. inkorrekt dahin ausgedrückt, 
dafs der Kläger aus gegenseitigem Vertrag (auf Zug- um Zugleistung) für die „Ein 
rede des nicht erfüllten Vertrags“ die Beweislast trage. Der Kläger beweist in Wahr 
heit nur die rechtsaufhebende Thatsache der Erfüllung des Gegenrechts; das Gegen 
recht selbst wäre an sich vom Beklagten (als rechtsverfolgende Einrede) zu beweisen und 
es besteht hier nur die Besonderheit, dafs durch die Sachlage der Beklagte seiner Be 
weislast von vornherein stets überhoben wird; denn der Kläger aus gegenseitigem Ver 
trag (auf Kaufpreis) giebt durch seinen Klaggrund bereits das Bestehen eines Gegen 
anspruchs (auf Warenlieferung) zu.
	        
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