Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

314 III. Prozefshandlungen. § 62. Zeitlicher Zusammenhang. 
Die praktische Bedeutung der Unterscheidung von richter 
lichen und gesetzlichen und innerhalb der letzteren wiederum von 
Notfristen und Nicht-Notfristen tritt an der Möglichkeit der Ver 
längerung und Verkürzung der Fristen hervor: 
a) Die gesetzlichen und richterlichen Fristen, — also alle 
Fristen mit Ausnahme der Notfristen können durch Verein 
barungder Partei verlängert oder abgekürzt werden (§ 202, 1). 
Aufserdem aber können 
1, die richterlichen und die speziell bezeichneten gesetzlichen 
Fristen auch auf einseitigen Antrag durch gerichtliche Entscheidung 
abgekürzt oder verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaub 
haft gemacht sind, und zwar so, dafs die neue Frist von dem 
Ablauf der vorigen Frist an berechnet wird, wenn nicht im ein 
zelnen Falle ein Anderes bestimmt ist (§ 202, 2. 3). 
Über das Abkürzungs- oder Verlängerungsgesuch kann ohne 
vorgängige mündliche Verhandlung (also in sog. fakultativer münd 
licher Verhandlung, unten § 74) entschieden werden. Abkürzung 
oder wiederholte Verlängerung darf aber jedenfalls erst nach (schrift 
lichem oder mündlichem) Gehör des Gegners bewilligt werden. 
Die Ablehnung des Gesuchs ist unanfechtbar (§ 203). 
2. Die nicht bezeichneten gesetzlichen Fristen sind 
auf einseitige Parteiinitiative weder abkürzbar noch prolon 
gierbar (argo § 202, 2). 
Die speziell als Notfristen bezeichneten gesetzlichen 
b) 
Fristen sind weder durch zweiseitiges Rechtsgeschäft der Par 
teien, noch (da keine von ihnen zu den speziell bezeichneten (o. no. 1) 
gehört) auf einseitigen Antrag durch gerichtliches Dekret abzukürzen 
oder zu verlängern. Als Gegengewicht ist jedoch eine Remedur 
gegen ihre Versäumung nachträglich, wenn auch nur aus 
nahmsweise, statthaft, nämlich durch Wiedereinsetzung 
der versäumenden Partei in den vorigen Stand auf 
ihren Antrag, falls die Partei durch Naturereignisse oder 
andere unabwendbare Zufälle an ihrer Einhaltung ver 
hindert worden ist (§ 211), — bei Versäumung der Einspruchs 
frist gegen ein Versäumnisurteil auch dann, wenn die Partei von 
der Zustellung des Versäumnisurteils ohne ihr Verschulden keine 
Kenntnis erlangt hat (§ 211, 2). Die Erteilung der Wiederein 
setzung bedeutet praktisch die Gestattung der Nachholung 
der versäumten Prozefshandlung (Rechtsmitteleinlegung etc.), und 
zwar ist diese Nachholung sofort spätestens mit dem Antrag 
auf Wiedereinsetzung zu verbinden, sodals dieselbe zu 
nächst suspensiv bedingt vorgenommen wird und mit der nachtrag 
lichen gerichtlichen Bewilligung der Wiedereinsetzung endgiltig 
wirksam wird. 
Bekanntmachung erfolgen soll, hat das Gericht die Einspruchsfriet im Versllumnisurtoll 
oder nachtrüglich durch besondren Beschlufs (eventuell ohne vorglingige mündliche Vor 
handlung) zu bestimmen (8 804, 2)
	        
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