Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

Übersicht. § 3. Handlungen des Civilprozesses. 
12 
Bedürfnis (Vorbem. II). Eine Anschauung, die den Civilprozels 
als einen Selbsthilfekampf der Parteien schildert, in welchem die 
Gerichtsthätigkeit nur das der Rechtsordnung selbst entrückte 
Medium der Parteithätigkeit bildet, verkennt die soziale Gefahr 
des Civilprozesses und damit die rechtspolitischen Grundgedanken 
des Civilprozefsrechts. 
Hierin liegt das Irreführende der sämtlich von dieser Anschauung ge 
tragnen prozessualen Schriften Kohlers (besonders: der Prozefs als Rechts 
verhältnis 1888, S. 6 ff. u. ö.) 
§ 3. Die Handlungen des Civilprozesses. 
Wach, Handbuch des deutschen C.P.R. I. § 3. Planck, Lehrb. d. d. C.P.R. I. 1887. 193. 
Fitting,, der Reichscivilprozefs (7. A. 1890), 5. Schultze, Begr. d. C.Pr. Z. 12, 470. 
I. (Die Prozefshandlungen.) Da sich die Rechtspflege 
anstalt in Thätigkeit verkörpert, so bilden nächst den als Organe 
des Rechtsschutzes eingreifenden Personen (§ 2) Thätigkeiten, 
Willenshandlungen den hauptsächlichen Gegenstand des Civil 
prozefsrechts. Den historischen Vorgang, der sich in einer An 
einanderreihung der auf dieselbe Privatrechtsbeziehung bezüglichen 
Handlungen verkörpert, nennt man den Civilprozefs im engeren 
Sinne, das Verfahren; — die Handlungen selbst, welche, sei es 
vom Standpunkt des Gerichts, sei es vom Standpunkt der Parteien aus, 
dem Interesse an der Herbeiführung des Rechtsschutzes entspringen, 
bezeichnet man als Prozefshandlungen. Prozelshandlungen 
sind danach nicht alle Handlungen, die innerhalb oder anlälslich 
des Prozesses vorgenommen werden, sondern nur diejenigen, die 
mit bewufster Beziehung auf den Prozefszweck ver 
wirklicht werden. 
Für die Rechtsschutzgewährung erheblich können auch andre That 
sachen als Willenshandlungen sein, z. B. das zufällige Verbrennen einer Ur 
kunde, deren Vorlegung der Partei aufgegeben worden, der Ausbruch eines 
die Gerichtsthätigkeit unterbrechenden Kriegés, eine Überschwemmung, die 
den Rechtsanwalt der Partei am Erscheinen verhindert. Manche bezeichnen 
deshalb den Civilprozefs als eine Aneinanderreihung von Prozefsthatsachen, 
unter denen die Prozefshandlungen nur als die wichtigsten hervorragen. 
(Wach, Hb. I, 24). Aber alle diese Thatsachen werden nur von Bedeutung, 
wo im Hinblick auf den Rechtsschutzzweck Willenshandlungen vorgenommen 
werden. Indem das Gesetz ihre rechtlichen Folgen regelt, normiert es damit 
mittelbar immer wieder nur die Vorbedingungen oder Wirkungen der dem 
Prozefszweck dienenden Thätigkeiten, d. h. eben der Prozelshandlungen. 
Die Prozefshandlungen sind also die prozefsgestaltenden That 
sachen, die prinzipalen Prozefsthatsachen; — alle anderen sind nur 
sekundär, mittelbar erheblich. Allerdings giebt es aufserdem einen Kreis von 
Thatsachen, die weder Prozefshandlungen sind, noch sich auf einzelne 
Prozefshandlungen beziehen, sondern auf den Prozefs als Ganzes ein 
wirken. Sie sind unter dem Namen der Bedingungen des civilprozessualen 
Rechtsschutzes zusammenzufassen und ihre Regelung bildet einen besonderen 
Gegenstand der Prozefsgesetzgebung (vgl. unten § 4). Für sie werden die 
meisten Thatsachen von Bedeutung, welche man meist als Prozefsthatsachen, 
die nicht Prozefshandlungen sind, aufführt. (Tod einer Partei, Geistes 
erkrankung ihres Vormunds, Rücktritt des Vorstands einer klagenden Aktien 
gesellschaft, Ausscheiden eines Richters aus dem Kollegium durch Versetzung,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer