304 III. Prozefshandlungen. § 61. Aufeinanderfolge der Prozefshandlungen.
Feststellung, insbesondere hinsichtlich der Absicht der Partei, und
selbst wo sie als zutreffend erkannt sind, ist zur Verhängung
stets der Antrag des Gegners und bei Einreden (§ 252) aufser
dem noch das zustimmende Ermessen des Gerichts erforderlich.
Vielfach wird behauptet, dafs ein ähnlicher, sogar noch stärkerer Zwang
zur frühzeitigen und gleichzeitigen Geltendmachung mehrerer Angriffsmittel
auch auf Seiten des Klägers besteht, — nämlich in Gestalt des sogenannten
Klagänderungsverbots (§ 235—240), wonach der Kläger nach einmal er
hobner Klage keinen neuen „Klaggrund“ ohne Einwilligung des Beklagten
mehr vorbringen dürfe. In der That würde dies eine Aufrechterhaltung des
Eventualprinzips (wenn auch in dispositiver Form) bedeuten, wenn Klaggrund
im Sinn des Gesetzes als „Thatbestand“ (Angriffsmittel im Sinn § 137 C.P.O.)
zu verstehen wäre, denn dann würde darin die Nötigung für den Kläger ent
halten sein, alle den Anspruch stützenden Thatbestände schon in der Klage,
also im ersten Augenblick des Prozesses geltend zu machen. Aber diese, der
Grundlage unsres Prozesses völlig widersprechende Ausdehnung darf dem
§ 240 nicht gegeben werden (unten § 153).
c) In grösserem Mafsstabe verwendet C.P.O. Reihenfolge- und
Eventualbehandlung für das Verfahren in der Hauptsache nur in
den Fällen, wo es nach richterlichem Ermessen zur Anwendung
eines „vorbereitenden Verfahrens vor einem beauf
tragten Richter“ kommt (§ 250, 313), — also auch hier durch
Vermittlung einer prozefsleitenden Entscheidung des Gerichts,
wenn auch unter dieser Vorbedingung kraft gesetzlicher Regel.
Das sog. vorbereitende Verfahren ist berechnet auf Prozesse,
„welche die Richtigkeit einer Rechnung, einer Vermögens
auseinandersetzung oder ähnliche Verhältnisse zum Gegenstände
haben“ und zwar auf die Fälle, wo sich in solchen Prozessen
„eine erhebliche Zahl von streitigen Ansprüchen oder
von streitigen Erinnerungen gegen eine Rechnung oder gegen ein
Inventar herausstellt“ (§ 250, 313), wo also z. B. eine Klage auf
Herausgabe einer Erbschaft sich in zahlreiche Streitigkeiten um die
angebliche Zugehörigkeit von Sachen zur Erbschaft (Pretiosen,
Möbel etc.), um angebliche Impensen- und Schadensforderungen
des Erbschaftsbesitzers etc. auflöst, — wo eine Klage eines Bau
gewerken gegen einen Bauunternehmer auf Bezahlung von
Materialien und Arbeitslieferung zur Prüfung einer Menge ein
zelner Posten führt, — Balkendecken, Dachverschalungen, Treppen
geländer, — von denen jede bemängelt, bestritten wird etc. Soweit
derartige Streitfälle vor dem Landgericht anhängig werden, ent
steht das Bedürfnis, das Kollegium mit der Durchverhandlung
rechtlich uninteressanter, faktischer Einzelheiten zu verschonen
und Zeit und Arbeitskraft desselben zu ersparen, und demgemäls
eine Vertretung des vollbesetzten Prozefsgerichts durch ein zu
diesem Zwecke beauftragtes Organ, ein Mitglied des Kollegiums,
herbeizuführen. Das Verfahren spaltet sich deshalb in zwei auch
äufserlich scharf gesonderte Abschnitte, — die Parteiverhand
lung vor dem beauftragten Richter, in welcher die Parteien
ihre Ansprüche, sowie ihre darauf bezüglichen Angriffs- und