296 III. Prozefshandlungen. § 61. Aufeinanderfolge der Prozefshandlungen.
Verfügt sie das Gesetz mit der Wirkung, dafs die Durchbrechung
der Reihenfolge die Gültigkeit des Verfahrens in Frage stellt, so
erkennt es damit insoweit ein Reihenfolgeprinzip an.
b) Andererseits droht aber, wenn man den Verlauf des Ver
fahrens völlig sich selbst überläfst, die Gefahr der Prozefs
verschleppung. Sie erwächst daraus, dafs die Beteiligten
aus Schwerfälligkeit oder Übergründlichkeit jede einzelne That
sache nach der andern, jeden Streitpunkt nach dem andern der
Prüfung unterwerfen und ist deshalb auch mit der gerichtlichen
oder gesetzlichen Reihenfolgebehandlung eng verknüpft. Infolge
dessen kann (umgekehrt wie nach a) auch das Bedürfnis ent
stehen, eine Zusammendrängung der Prozefshandlungen, d. h.
eine möglichst gleichzeitige Vornahme mehrerer Prozefshandlungen
im gleichen Verfahrensabschnitt zu bewirken. Im einzelnen führt
dieses Bedürfnis besonders:
1. zur möglichsten Verbindung von Beweisantretungen und
Beweisaufnahmen mit den Behauptungen und Gegenbehauptungen,
also zur möglichst unmittelbaren Aneinanderreihung der meh
reren Prüfungsthätigkeiten, soweit sie dieselbe Thatsache
oder mehrere zusammenhängende Thatsachen betreffen (im Gegen
satz oben zu lit. a nr. 1), — oder:
2. zur Verbindung der Prüfung mehrerer Streitpunkte
in der Weise, dafs zunächst die Verhandlung gleichzeitig auf
mehrere Klaggründe, auf mehrere Einreden erstreckt wird, dann
ebenso die Beweisantretung und so fort (im Gegensatz zu lit.
a nr. 2). Da von solchen mehreren Thatbeständen der zweite meist
erst dann von Erheblichkeit für die richterliche Prüfung wird, wenn
der erste sich in bestimmter Weise erledigt hat, z. B. die Rechts
schutzbedingungen erst, wenn die Prozefsvoraussetzungen verneint
sind, die Zahlungseinrede erst dann, wenn der Darlehnsvertrag sich
als wahr erwiesen und die Verjährungs- oder Kompensationseinrede
erst, wenn sich die Zahlungseinrede als unstichhaltig herausgestellt
hat, da also mit andern Worten ein Angriffs- oder Verteidigungs
mittel nur „eventuell“ auf den möglichen Fall einer be
stimmten Gestaltung des übrigen Sachverhalts vorgebracht wird,
so nennt man diese Art der Verbindung die Eventualbehandlung.
Sie wie die Verbindung (nr. 1) überhaupt ist eine absichtliche
Mafsregel der Beschleunigung, Konzentration. Wird
sie allgemein vom Gesetz mit der Wirkung aufgestellt, dafs die
nicht verbundenen, sondern erst nachträglich vorgebrachten Streit
punkte nicht mehr beachtet werden dürfen (präkludiert sind), so
entfaltet sie sich zum Eventualprinzip.
Trennung und Verbindung, Reihenfolge- und Eventualbehand
lung sind im Hinblick auf den gleichen Teil des Streitstoffs
gegensätzliche Mafsregeln. Insbesondere schliefst die
Möglichkeit bezw. Notwendigkeit der getrennten Erledigung der
mehreren Thatbestände bezüglich jedes einzelnen derselben die
sofortige Verbindung von Behauptungen, Erklärungen, Beweis-