III. Prozefshandlungen. § 60. Zusammensetzung zum Verfahren.
292
c) Aufstellung einer weitergehenden Prüfungspflicht des Gerichts gegen
über dem Bevollmächtigten § 84, (unten § 144);
Verstärkung der richterlichen Aufklärungspflicht § 464. 468 (unten
72);
Steigerung der Dehnbarkeit des Verfahrens durch
a) Erweiterung der gerichtlichen Prozefsleitungsgewalt, bes. § 465,
(unten S. 303 a. A.);
b) Erleichterung des Beurkundungszwangs für die mündliche Verhand
lung (§ 469. 470, — unten § 74).
Noch weniger ein Verfahren im eigentlichen Sinn, d. h. eine Rechts
schutzform ist das „Verfahren in Ehesachen“ (§ 568 ff. C.P.O.). Die Ehe
sachen sind vielmehr eine spezielle Gruppe von privatrechtlichen Streitig
keiten, nämlich die Ansprüche eines Ehegatten gegen den andern auf
Auflösung des Ehebandes oder auf zeitw. Trennung von Tisch und Bett
(Ehescheidungsklage), auf Anfechtung der Ehe aus einem auch von
Amtswegen geltend zu machenden Grunde (Nichtigkeitsklage) oder aus
einem nur auf Parteiinitiative geltend zu machenden (Ungiltigkeitsklage)
oder auf Herstellung des ehelichen Lebens (§ 568. 592,— oben S. 141. Nach
E.Nov. C.P.O. kommt auch noch die Ehefeststellungsklage hinzu). Nur akzesso
risch — am meisten für die Ehenichtigkeitsklage — mischt sich ein öffentliches,
polizeiliches Interesse bei und ragt der eherechtliche Civilprozefs in die Ver
waltungsgerichtsbarkeit hinüber (§ 569, bes. 586, s. unten § 66). Die Eigen
tümlichkeit der Ehesachen liegt also, wie die der Amtsgerichtssachen, nur
darin, dafs gewisse besondre Grundsätze für den Civilprozefs zur Geltung
kommen, nur dafs die Ehesachen gerade ausschliefslich im Land
gerichtsprozefs zu verhandeln sind (§ 568, oben S. 205). Diese Grund
sätze dienen fast sämtlich dem Zweck, die sonst für den C.Pr. geltende
Entfesselung des Parteibetriebs — teils mit Rücksicht auf die Beteiligung
der allgemeinen Sittlichkeitsanschauungen, teils mit Rücksicht auf den hau
figen Mangel des Gegensatzes der Parteiinteressen abzuschwächen: Beteiligung
der Staatsanwaltschaft (§ 569. 586). Notwendigkeit des Sühneversuchs (§ 570).
Aufstellung des Untersuchungsprinzips neben dem Verhandlungsprinzip in der
Stoffsammlung (§ 577. 579 ff.), des Offizialbetriebs in der Zustellung (§ 582).
Änderung des Versäumnisverfahrens (§ 578). Konsequenz: Verbot der Ver
bindung von Ehesachen mit andern Civilsachen (§ 575. 587).
II. (Die Rechtsnormen über die Verbindung der
Prozefshandlungen.) Die Art und Weise der Zusammen
setzung von prozessualen Thätigkeiten zum Verfahren läfst sich
hiernach des genaueren nur so veranschaulichen, dals die sämt
lichen einzelnen Prozefshandlungen (des Prozefsbetriebs, der Voll
streckung u. s. w.) ermittelt werden (Kap. 3—6 dieses Buchs), und
dafs hierauf mit Rücksicht auf das ein jedes Verfahren bedingende
Rechtsschutzbedürfnis klargelegt wird, welche Handlungen gerade
für dieses Verfahren notwendig werden (unten Buch IV). Gleich
wohl hat jedoch die C.P.O. gewisse Normen aufgestellt, welche für
alle oder wenigstens für die meisten Formen des prozessualen Ver
fahrens gemeinsam anwendbar sind. Allen oder den meisten
dieser Formen ist nämlich eigentümlich, dafs sie sich unter Be
obachtung bestimmter Grundsätze bewegen, die den gesamten im
Verfahren verbundenen Thätigkeiten ein einheitliches Gepräge und
eine äufserlich wahrnehmbare Verbindung geben. Diese Grund
sätze betreffen:
a) die Einrichtungen zur Beförderung einer geordneten
Aufeinanderfolge der Prozesshandlungen (§ 61);