Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

III. Prozefshandlungen. § 53. Stoffsammlung. 
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welche ihrem Wesen nach nie wahrgenommen werden können, 
so die Vorgänge des Seelenlebens (die Absicht einen anderen zu 
benachteiligen etc.), die Thatsache der Erzeugung eines Menschen 
durch einen anderen (bedeutsam für den Alimentenprozels, s. unten). 
Infolgedessen richtet sich notgedrungen der Beweis auch auf die 
begleitenden Umstände, obwohl sie an sich unerheblich sind, 
nämlich zu dem Zwecke, einen Schlufs aus ihnen auf die wesent 
lichen zu ermöglichen. Die an sich unwesentlichen, nur mittelbar 
für den Prozefs erheblichen Thatsachen nennt man „Anzeichen“, 
Indizien und der mit Hilfe derselben geführte Beweis der That 
bestandsmerk male, der Indizienbeweis, wird folgerichtig als in 
direkter, künstlicher Beweis bezeichnet. Um ihn zu führen, 
bedarf es in jedem Fall der Kenntnis der Erfahrungsregel, 
mittelst deren vom Indiz auf das Thatbestandsmerkmal geschlufs 
folgert wird, so dafs sich hier mit dem Thatsachenbeweis unter 
allen Umständen ein Beweis von Erfahrungsregeln (111) verbindet. 
Die in der älteren Prozefslitteratur allgemein übliche Darstellungsweise, 
die die Indizien als eine besondre Klasse von Beweismitteln aufführte, ist 
hiernach ganz unhaltbar. Der Indizienbeweis hat seine Eigentümlichkeit 
vielmehr darin, dafs er den Beweis von (indizierenden) Thatsachen und von 
Erfahrungsregeln kombiniert, um die beweisbedürftigen Thatsachen 
zu erhalten. Die Beweismittel, die zur Aufklärung der indizierenden 
Thatsachen verwendet werden, sind keine andren als die auch sonst verfüg 
baren. Im einzelnen kann also auch der Indizienbeweis geführt werden 
mit Wahrnehmungsobjekten, die die zur Schlufsfolgerung ver 
wendete Thatsache selbst verkörpern, z. B. Wäschestücken, an denen das Ab 
färben der bemängelten Kleiderstoffe sichtbar ist. Diese Objekte können 
auch hier Personen sein, z. B. im Alimentenprozefs das uneheliche Kind, aus 
dessen Ähnlichkeit mit dem Beklagten auf Schwängerung, bezw. Vaterschaft 
des letzteren geschlossen werden soll : 
2. mit Dispositivurkunden, falls aus einer urkundlich verkörperten 
Erklärung geschlossen werden soll; z. B. aus einem Brief an einen Dritten, 
der die Geldnot schildert und um Unterstützung bittet, auf Zustandekommen 
eines Darlehnsgeschäfts zwischen Beklagten und Klägeri 
3. mit Zeugen bezw. Parteierklärungen, z. B. dem Zeugnis von Haus 
genossen, Dienstboten des Erblassers über dessen Verkehr mit dem Testa 
mentserben, wenn aus der Art und Weise desselben auf Erschleichung des 
Testaments geschlossen werden soll; 
4. mit Berichtsurkunden, z. B. einem Brief mit Äufserungen über 
die feindselige Gesinnung des Beklagten gegen den Kläger, wenn daraus ge 
schlossen werden soll, dafs der Beklagte der Urheber einer den Kläger krän 
kenden Sachbeschädigung gewesen sei2 
Ist es also unrichtig, die Indizien als eine Art von Beweismitteln zu be 
zeichnen, so kann man umgekehrt recht wohl die Existenz einer Dispositiv 
urkunde, sowie die Berichte von Zeugen und referierenden Urkunden über 
Thatbestandsmerkmale als eine besondre Gruppe von Indizien verstehen, aus 
denen auf die Thatbestandsmerkmale geschlossen werden kann. Doch fördert 
1 Besonders in diesen Fällen zeigt sich die Inkorrektheit der Bezeichnung „Dispo 
sitivurkunde“, — sie ist zu eng für alle Fälle, wo zwar eine Erklärung als solche durch 
die Urkunde bewiesen werden soll, diese Erklärung aber nicht einen rechtlichen Dis 
positionsakt, sondern (besonders als Indiz) nur eine faktische Gedankenäufserung darstellt 
2 Auch hier wiederholt sich die oben gekennzeichnete Erscheinung, dals sich die 
Aussage der Auskunftsperson oder die Berichtsurkunde unmittelbar auf ein aufsergericht 
liches Geständnis oder (als Zeugnis von Hörensagen) auf eine aufsergerichtliche Aussage 
eines Dritten bezieht und dafs erst diese (mittelbar) die indizierende Thatsache bekunden.
	        
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