Wirkung des ausländischen Urteils.
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ist gesetzlich gebunden, sich das fertige Schlufsfolgerungsergebnis
des ausländischen Gerichts anzueignen. Die Klage auf Voll
streckungsurteil stützt sich also auf dieses bezw. auf den Urteils
ausspruch als auf den den Rechtsschutz begründenden Thatbestand 1.
§ 661 zieht somit ausdrücklich für den Spezialfall, wo aus dem
ausländischen Urteil Vollstreckung begehrt wird, die Konsequenz aus dem
Prinzip, dafs die in ihm enthaltene Feststellung der Anspruchsexistenz das
deutsche Gericht binde. Implicite stellt er aber damit dieses Prinzip all
gemein auf und er zwingt deshalb zu der weiteren Konsequenz, dals deutsche
Gerichte den feststellenden Inhalt ausländischer Urteile auch in andern
Fällen gelten lassen müssen, in denen sich der Sieger des ausländischen
Prozesses in Deutschland darauf beruft, z. B. wenn er sich auf die festgestellte
Existenz eines Anspruchs beruft, von dem im deutschen Prozefs ein andrer
abhängt (§ 253) oder (durch exc. rei judicatae) auf die festgestellte Nicht
existenz eines Anspruchs, der nach klagabweisendem ausländischem Urteil
in Deutschland nochmals eingeklagt wird 2 3.
gleichviel ob als
Aber auch die Feststellungswirkung
Grundlage für ein deutsches Vollstreckungsverfahren oder für eine
andere Rechtsschutzthätigkeit deutscher Gerichte — äufsert ein
ausländisches Urteil nicht unter allen Umständen. Denn indem
§ 661 Abs. 2 gewisse Bedingungen bezeichnet, bei deren Mangel
das Vollstreckungsurteil aus einem ausländischen Urteil nicht zu
erlassen ist, normiert er stillschweigend allgemein, unter welchen
Bedingungen allein eine Partei innerhalb Deutschlands das aus
ländische Urteil ohne nochmalige „Prüfung seiner Gesetzmäfsigkeit“
für sich geltend machen kann. Er verordnet somit, dafs bei Fehlen
dieser Bedingungen die Partei sich trotz ihres Siegs im aus
ländischen Prozesse einer nochmaligen thatsächlichen und recht
lichen Prüfung der Anspruchsexistenz unterwerfen muls*, sei es
dafs sie zum Zweck der Vollstreckung noch einmal Klage mit
allen Konsequenzen eines deutschen Prozesses erheben muls, sei
es dafs sie der neuen Klage des Gegners nicht mit der Einrede
der Rechtskraft entgegentreten kann. Im einzelnen sind die be
schränkenden Bedingungen teils durch das Verhältnis des aus
ländischen und deutschen Prozefsrechts (oben S. 105) geboten
(§ 661, n. 1. 2), teils durch selbständige Zweckerwägungen im
Interesse der deutschen Rechtspflege diktiert (n. 3. 4), teils von
völkerrechtlichen Rücksichten abhängig (n. 5).
1 Diese Klage auf Vollstreckungsurteil wird deshalb häufig als actio judicati be
zeichnet. Vor ungenauem Gebrauch dieses Begriffs warnt Wach § 19 A. 18.
2 So auch R.G. I, 29. Jan. 83. 8, 385 (Ein in Schweden erlassnes Urteil auf Ab
weisung der Pflichtteilsklage gegen den Testamentserben mufs — bei Verbürgung der
Entsprechend:
Gegenseitigkeit, unten S. 241 — auch einer neuen Klage entgegenstehen).
R.G. 9, 372.
Dabei spricht aber C.P.O. nur von der feststellenden Kraft des ausländischen
Urteils, d. h. des Ausspruchs der ausländischen Staatsbehörden. Klage auf Er
füllung eines im Ausland ergangnen Schiedsspruchs s. R.G. v. 10. Dez. 1892. 30, 368.
* Es ist darum nicht gesagt, dafs in solchen Fällen das ausländische Urteil gänz
lich nutzlos und für das deutsche Gericht unbeachtlich sein müsse. Dasselbe wird immer
hin auch hier zur Erleichterung des Beweises etc. verwendet werden können, nur unter
liegen seine thatsächlichen Feststellungen, Gesetzauslegungen dann der freien Würdigung
des deutschen Richters. Dieser berücksichtigt die Glieder des logischen Urteilsprozesses
und ist nicht an dessen fertiges Resultat gebunden.