Verhältnis mehrerer Gerichtsstände.
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finden, doch wenigstens auf Grund der besonderen Natur des An
spruchs, also ergänzend, die Möglichkeit einer deutschen Aburteilung
zu schaffen. Aber die gesetzliche Anerkennung der vielfachen
Thatsachenbeziehungen, unter welchen ein Gericht geeignet wird
über eine Sache zu entscheiden, hat naturgemäfs zur Folge, dafs
für viele Ansprüche bei mehreren Gerichten ein Gerichtsstand
begründet wird. Ein Gesetz muss deshalb in letzter Linie normieren,
wie es zu halten, wenn in demselben Fall ein allgemeiner, ein besonderer
persönlicher oder ein sachlicher Gerichtsstand neben einander
(Wohnsitz, Vermögensbesitz und Erfüllungsort, — Aufenthalt, Nieder
lassung, Mefs- und Marktort) oder ein und derselbe Gerichtsstand an
mehreren Orten begründet ist (Besitz mehrerer Fabriken, für die
der auf Kaufpreiszahlung klagende Kläger Rohstoffe geliefert hat,
Entwickelung der schadenstiftenden Handlung an mehreren Be
gehungsorten). Die C.P.O. ordnet für solche Fälle nicht allgemein
ein festes Reihenfolgeverhältnis an, in dem die verschiedenen Ge
richtsstände benutzbar werden, sondern stellt dieselben in ein
Verhältnis der Elektivkonkurrenz, in der Art, dafs unter
mehreren zuständigen Gerichten in der Regel „der Kläger die
Wahl“ hat (§ 35), ein Prinzip, welches bis zu gewissem Grade
dem Kläger einen Ausgleich dafür bietet, dafs er in erster Linie
dem Forum des Beklagten oder dem Interesse des Gerichts an
bequemer Beweiserhebung zu folgen hat'. Nur ausnahmsweise
weicht die C.P.O. von dieser Gleichberechtigung der Gerichts
stände ab und giebt einzelnen derselben eine bevorzugte Wirkung:
Bisweilen bestimmt sie, dafs ein gewisser Gerichtsstand
vor einem bestimmten einzelnen anderen benutzt werden
mufs; so wenn der zweite nur aushilfsweise, subsidiär in
Ermangelung des ersten eingeräumt wird: der allgemeine Gerichts
stand des Aufenthalts nur, wenn der des Wohnsitzes fehlt (§ 18).
der des Vermögens nur, wenn ein allgemeiner Gerichtsstand in
Deutschland fehlt (§ 24).
2. Bisweilen verlangt C.P.O., dafs ein gewisser Gerichtsstand
vor sämtlichen anderen benutzt werde; so wenn der erste
ausschliefslich, exklusiv, unter Ausschlufs der übrigen an
sich begründeten Gerichtsstände aufgestellt wird: der Gerichts
stand der belegenen Sache für echte Grundstücksstreitigkeiten
(§ 25, nicht § 27), der Gerichtsstand der Ehesachen für Ehe
scheidungsstreitigkeiten (§ 568
beacht. ausserd. § 471, 548,
594 ff. 629, 707).
Innerhalb der durch 1 und 2 gezognen Grenzen kann eine weitere Kon
kurrenz von Gerichtsständen nur noch entstehen durch die Möglichkeit der
Vereinbarung über die Zuständigkeit (hierüber unten § 46)2. Im übrigen
1 Solche Elektivkonkurrenz besteht insbes. auch zwischen dem G. des dauernden
Aufenthalts, der Niederlassung und des Vermögens (R.G. 27, 422). Eine mehrfache Be
gründung desselben G.St. bei verschiedenen Gerichten kann vorliegen auch für den G.
des Vermögens, wo der Wohnsitz des Schuldners des Beklagten und die Lage der ver
pfändeten Sache sich an verschiednen Orten befinden (R G. 34, 356),
2 Für diesen Fall gewinnt deshalb auch die Ausschliefslichkeit eine weitere Be
deutung.