Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

Landesherrengerichte. Stromgerichte. 
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Ermächtigung des Reichsrechts Gebrauch gemacht haben. Nun 
ist aber eine solche Ermächtigung nur in § 14 G.V.G. sowie aufser 
dem in § 5 E.G. zu G.V.G. ausgesprochen und es sind ihr andrer 
seits die Bundesstaaten nur in verhältnismässig engen Grenzen 
gefolgt'. Die Gesamtmasse dieses Zweigs der Sondergerichtsbarkeit 
beschränkt sich demgemäss auf fünf Gruppen, von denen nur die 
fünfte eine erhebliche praktische Bedeutung hat. Es sind die 
folgenden: 
a) Die Gerichte für die Streitigkeiten der Landes 
herren und der Mitglieder landesherrlicher Familien und der 
fürstlichen Familie Hohenzollern, soweit als Hausverfassungen oder 
Landesgesetze diese Streitigkeiten den ordentlichen Gerichten ent 
ziehen (E.G. § 5). 
Bedeutungsvoll wesentlich nur für Preufsen. Klagen dritter Personen 
gegen jene Personen sind an den beim Kammergericht gebildeten Geheimen 
Justizrat (in erster Instanz von 5, in zweiter Instanz von 7 Mitgliedern) zu 
richten und dort nach den Vorschriften der C.P.O. zu verhandeln (A.G.G.V.G. 
§ 18 in Verbindung mit A.G. C.P.O. § 9), auf Grund des Gesetzes v. 26. April 
1851 art. III, 1 (G.S. 181)2. Für Streitigkeiten der Mitglieder der k. Familie 
untereinander besteht überhaupt kein Gericht (sog. Exemtion, — vgl. unten 
§ 49)3. 
b) Die Stromgerichte. Sie sind die Reste eines eigentüm 
lichen Rechtspflegeorgans, das im Anschlufs an die internationalen 
Abmachungen des Wiener Kongresses von den an Rhein- und Elb 
schiffahrt als Anlieger beteiligten europäischen Staaten durch die 
Elbschiffahrtsakte vom 23. Juni 1821 (Additionalakte vom 13. April 
1814) und die Rheinschiffahrtsakte (revidiert am 17. Oktober 1868) 
geschaffen wurde. Man liefs dieselben auch bei der Justizreform be 
stehen, weil an diesem Rechtsschutz nach wie vor einige aufser 
deutsche Staaten (Schweiz, Belgien, Österreich) beteiligt blieben. 
Andrerseits suchten die deutschen Staaten die Gerichte möglichst 
ihrer Besonderheit zu entkleiden, da diese für die Rechtspflege inner 
halb Deutschlands bedeutungslos geworden war. Sie haben deshalb 
die Funktion der „Rheinschiffahrts- und Elbzollgerichte“ (kurz 
Strom- oder Schiffahrtsgerichte genannt) sämtlich den an den 
Strömen gelegenen Amtsgerichten mit übertragen, und die 
Ausnahmestellung dieser Gerichte innerhalb der Gerichtsverfassung 
tritt somit nur darin hervor, dafs für die sämtlichen Stromsachen 
meist ein einziges Landgericht bezw. Oberlandesgericht als Be 
rufungsgericht bestellt ist4. 
1 Beseitigt sind vor allem die früher bestehenden akademischen Sondergerichte. 
Dieselben sind (abgesehen von ihrer, aus ihren früheren Strafgerichten erwächsenen 
Disziplinargerichtsbarkeit) nur vereinzelt noch mit freiwilligen Gb. ausgestattet (Jena: 
Urkundenerrichtung). Abschl. hierüber Stein, Die akademische Gerichtsbarkeit, 1891. 
2 Revisionsinstanz ist das Reichsgericht auf Grund E.G. G.V.G. § 3 u. kais V. v 
26. Sept. 1879 § 2 (R.G.Bl. 287). — Vgl. hierüber Reitzenstein zu Gaupp, Normen, 
S. 32. 33. Zusammenstell. andrer Vorschr.: Hellmann, Lehrb. 65 
3 Die sog. Austrägalgerichte (auf Austrägen, Staatsverträgen beruhenden Gerichte) 
der standesherrlichen Familien (EG. G.V.G. § 7) haben nur für Strafsachen Bedeutung. 
In Strafsachen ist ihre Sonderstellung auffallender, weil hier ausnahmsweise der 
Amtsrichter ohne Schöffen entscheidet. 
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