Begründung des rechtsanwaltschaftlichen Berufs.
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als einen mit öffentlicher Verantwortlichkeit betrauten Beruf, ähn
lich dem staatlich approbierten Arzteberuf, und behandelt ihn recht
lich demgemäls teils nach Analogie eines freien Gewerbe
betriebs, teils nach Analogie eines öffentlichen Amts. Dies
tritt praktisch hervor in der Begründung des Rechtsanwalts
berufs (11), sowie in der Ausübung der Rechtsanwaltschaft (III) 1,
Vermöge der so zunächst für den Prozefsbetrieb begründeten offiziellen
Stellung des R.A. ist das Gesetz in die Lage versetzt, ihn nunmehr auch zu
andern prozessualen Thätigkeiten heranzuziehen, die von vornherein ihrer
Natur nach Beamten zufallen. Dies geschieht nach C.P.O. in grofsem Um
fang für eine offizielle Beurkundungsthätigkeit (§ 156, 2 u. ö.), so dafs
der R.A. teilweise dem Gerichtsschreiber (oben S. 167) gleichgestellt wird.
II. (Begründung des rechtsanwaltschaftlichen Be
rufs.) Die Begründung der Rechtsanwaltschaft nähert sich:
a) äufserlich durchaus der Berufung zu einem gerichtlichen
Amt (oben § 39, II) durch die Notwendigkeit der sog. Zulassung;
d. h. einer formellen und offiziellen Ermächtigung zur Aus
übung des Berufs durch Willensentschliefsung und Willenserklärung
eines staatlichen Organs. Im allgemeinen steht sie der Landesjustiz
verwaltung eines Bundesstaats zu (R.A.O. § 3); für die am Reichs
gericht thätigen Rechtsanwälte jedoch erfolgt die Zulassung durch
das Präsidium des letzteren (oben S. 173, § 99). Die praktische
Bedeutung der Zulassung aber liegt darin, dafs durch ihre Ver
mittlung die Prüfung bestimmter Qualifikationsbedingungen
und die Beschränkung des Rechtsanwalts auf bestimmten Wir
kungskreis erreicht wird, in demselben Sinne, wie dies für den
Richter grundsätzlich gefordert wird.
1. Bei der Zulassung sind die Bedingungen der Fähig
keit zum Rechtsanwaltsberuf zu prüfen. Sie sind (wie oben S. 169)
solche der Bildung und des Charakters und sonstiger persön
licher Eigenschaften. In ersterer Hinsicht decken sie sich mit
den Bedingungen der Fähigkeit zum Richteramt (§ 1), also der
Absolvierung der beiden Prüfungen G.V.G. § 22. Dagegen unter
liegt die persönliche Geeignetheit nicht derselben freiverantwort
lichen Prüfung der Regierung wie bei der Richteranstellung (oben
S. 171). Vielmehr bezeichnet das Gesetz bindend die Mängel, aus
denen die Zulassung versagt werden mufs (§ 5) oder kann (§ 6).
Die obligatorischen Mängel in der Person (§ 5) sind der dauernde
strafrechtliche Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (nr. 1) 3,
die ehrengerichtliche Ausschliefsung von der Rechtsanwaltschaft (unten S. 189),
oder ein Verhalten, das dieselbe bedingen würde (nr. 2, 5), die Beschränkung
in der Vermögensdisposition (nr. 3), die Ausübung eines mit Beruf und Würde
Einteilung der R.A.O. in 5 Abschnitte: Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, Rechte
und Pflichten der R.A., Anwaltskammern; „Ehrengerichtliches Verfahren, R.A. beim
Reichsgericht.
* Ist die Fähigkeit in einem Bundesstaate erlangt, so wirkt sie (wie nach G.V.G. § 2)
für alle Bundesstaaten (R.A.O. § 2). Doch besteht zwischen dem Bundesstaat, wo die
Prüfung bestanden ist, und den übrigen ein Unterschied (§ 4, — s unten lit. b.
s Ist wegen einer Handlung, die diesen Verlust nach sich ziehen kann, öffentliche
Klage erhoben, ist die Entscheidung über die Zulassung auszusetzen (§ 7).