Full text: Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts ([Hauptbd.])

Beratung und Abstimmung. 
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abgegebnen Stimmen den für die zunächst geringere abgegebnen solange 
hinzugerechnet, bis sich eine Mehrheit ergiebt (§ 198, 2). 
Die Reihenfolge bei der Abstimmung richtet sich nach dem Dienst 
alter, in der Kammer für Handelssachen nach dem Lebensalter; der Jüngste 
stimmt zuerst, der Vorsitzende zuletzt. Ist ein Berichterstatter (Referent) er 
nannt, so giebt er seine Stimme zuerst ab (§ 199). 
Dagegen ist die Reihenfolge der zur Abstimmung zu bringenden 
Fragen nur aus der Lage des einzelnen Falls festzustellen. Die 
Notwendigkeit einer solchen ergiebt sich daraus, dafs jede zu ent 
scheidende Rechtsfrage, insbesondere die über das Bestehen oder 
Nichtbestehen des streitigen Anspruchs (oben § 29) wieder von be 
liebig vielen Vorfragen abhängt, materiellen (Klaggründen, z. B. bei 
einer Schädenklage: Verursachung, Verschuldung, Schadenzufügung; 
Einreden, z. B. bei einer Kaufklage: Warenmängel und Betrug etc.) 
oder prozessualen (Form- und Fristgerechtigkeit eines Antrags, Echt 
heit einer Urkunde). Über solche Vorfragen kann gesondert (durch 
Beschlufs, Zwischenurteil) entschieden und folglich auch ab 
gestimmt werden, und insoweit mufs auch bei eigentlicher Ent 
scheidung eine gesonderte Abstimmung vorgenommen werden. Im 
übrigen dagegen dürfen blosse Vorfragen nicht Gegenstand einer 
selbständigen Abstimmung sein, und es darf deshalb vor allem nicht 
über einzelne thatsächliche oder juristische Gründe (Glaubwürdigkeit 
eines Zeugen, Auslegung einer Gesetzbestimmung) gesondert ab 
gestimmt werden!. 
— Die Handhabung dieses Grundsätzes kann 
hiernach erst vermittelt werden, wenn zuvor die Entscheidungs 
thätigkeit des Gerichts, insbesondere die Möglichkeit von Vorent 
scheidungen, klargelegt ist (vgl. unten § 56 u. bes. § 94, 95). 
III. (Organe des Kollegiums.) In den Fällen, in denen 
das Gesetz aus Opportunitätserwägungen von einem Thätigwerden 
des gesamten Gerichtskörpers absieht, ist: 
a) das regelmässige Organ des Gerichts der Vorsitzende 
(der Direktor der Kammer des Landgerichts, der Präsident des 
Oberlandesgerichts- und Reichsgerichtssenats). Nur handelt er für 
das Kollegium je nach der Sachlage in ganz verschiedener Aus 
dehnung und in verschiedenem Sinne. 
1. Im Hinblick auf diejenigen Entscheidungen, die durch Ab 
stimmung des Gerichts zu stande kommen, hat der Vorsitzende 
nur die im In nern des Gerichts wirksame Funktion der Beratungs 
leitung, Fragestellung und Stimmensammlung (§ 196, 1 G.V.G.). 
2. Dagegen übt der Vorsitzende unter Umständen durch sein 
Handeln auch eine vollständige Repräsentation des Gerichts 
nach aufsen. Er thut dies bei gewissen vom Gesetz als minder 
wichtig behandelten Entscheidungen (z. B. Zeitbestimmungen: 
Terminsanberaumung § 193, Fristenkürzung und -festsetzung 
§ 204, 3. 234, 2), bei Beurkundungén (z. B. § 149), vor allem aber 
1 Planck I, 159.
	        
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