Geschichtliche Darstellung. Die altfreien bäuerlichen Eigentümer,
gelangt. Und zwar ergreift die ungeteilte Vererbung heute auch die einstigen Freibonden
ländereien.
Endlich gehört zu den Gebieten der alten Freiteilbarkeit des Grundbesitzes die Insel
Fehmarn. Sie hat einen schweren marschähnlichen Boden, die fetteste Geest beider Herzog
tümer. Das Land ist nach allgemeiner Annahme hauptsächlich von Ditmarschern besiedelt.
die Familiennamen, die weitverzweigten Geschlechtsverbindungen (Schlachten und Kluften).
Ähnlichkeiten in Sitte und Tracht, im öffentlichen und privaten Recht, namentlich Erbrecht
in häuslichen und wirtschaftlichen Einrichtungen bestätigen es.’) Ditmarscher waren schon
vor der Verwüstung der Insel durch Erich von Pommern im Jahre 1419 dort ansässig; die
meisten wanderten nach jener Zeit ein; aber es finden sich auch sonstige sächsische, ferner
dänische und geringe wendische Elemente. Die Dorfanlage ist die altslavische
in ge
schlossenen Quadraten oder Oblongen. Die meist kleinen Dorffluren sind anscheinend
ursprünglich nach der Gewannverfassung eingeteilt.
Während in Waldemars Erdbuch aus dem 13. Jahrhundert die Dörfer der Insel mit
ganzen und halben Hufen aufgezeichnet sind, mußte doch die seit 1675 stehend gewordene
Pflugsteuer (Kontribution) nach geometrischen Maßen (Drömsaaten) umgelegt werden (1660,
bezw. 1709), weil der freie Güterverkehr die Hufenverfassung zerstört, einerseits eine starke
Besitzanhäufung, anderseits zahlreiche sehr kleine Stellen geschaffen hatte. „Statt eines
gleichmässig verteilten Wohlstandes einzelne Geld- und Landreiche neben vielen Geld- und
Landarmen.“*2) Die Regierung wahrte ihr Interesse dadurch, daß sie wie in Ditmarschen
der Landschaft Fehmarn solidarische Haftung für alle Steuern auferlegte. In der Ver
erbung bleiben die Landgüter heute regelmäßig ungeteilt.
Ergebnis: Die Gewohnheit, den Landgütern der Geest und des öst
lichen Hügellandes ihren überkommenen Bestand an Liegenschaften im Erb
gange und in Rechtsgeschäften unter Lebenden geschlossen zu erhalten, ist
ebenso wie die losere Struktur der Marschbesitzungen durch die natürlichen
Grundlagen der Produktion und die Art und Weise des landwirtschaftlichen
Betriebes bedingt. In einem wie im andern Falle hat sich die ältere Steuer
verfassung den Gewohnheiten der Bevölkerung und den wirtschaftlichen
Verhältnissen angepaßt. Die Annahme ist falsch, daß jene Gewohnheiten
umgekehrt aus der Steuerverfassung hervorgegangen wären. Ebensowenig
haben die Stammesverhältnisse für die Struktur der Landgüter entscheidende
Bedeutung gewonnen, mit der Ausnahme, daß die Verfassung der Marsch
güter durch die Friesen auf Teile der angrenzenden Geest und durch Dit
marscher nach Fehmarn übertragen wurde.
Die Sitte der ungeteilten Vererbung des Grundbesitzes findet sich, wie
schon hier festzustellen war, auch in solchen Geestgebieten, wo Teilungsver
bote nie bestanden haben
wie in den jütischen Kirchspielen der Karr
harde und auf der Ditmarscher Geest. Es ist heute sogar in den meisten
Marschbezirken die Regel, daß die Liegenschaften wenigstens dem Haupt
teile nach einem der Erben übertragen werden.
Wie die Teilungsverbote an der Entstehung der Sitte ungeteilter Ver
erbung keinen wesentlichen Anteil gehabt haben, so ist sie freilich auch nicht
restlos aus rein technisch - ökonomischen Zweckmäßigkeitserwägungen ab
zuleiten.
*) G. HANSSEN, Fehmarn. S. 283 ff.
2) Ebenda, S. 190, 193 und S. 300—308 — ferner R. MEIBORG. S. 10.