Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (7)

VII. Schleswig-Holstein. 
(144) 
wandten, doch erwähnt es nichts von ein Fünftel Abschlag, auch wird nach 
ihm (XII. 4) bestimmt, daß das Land erst bei Vererbung bis zur 4. Generation 
zum Odel wird. 
Die nächsten männlichen Odelserben waren die Söhne des Erblassers 
Sie erbten es gemeinschaftlich. Die Vertretung der Gemeinschaft nach 
außen stand jedoch dem ältesten Sohn oder demjenigen zu, welcher als das 
Haupt der Familie galt. Der Antritt des Erbes sowie das Begräbnis des 
Verstorbenen wurden gewöhnlich durch ein festliches Mahl gefeiert, wo auf 
das Andenken des Verstorbenen getrunken und Gelübde von Großtaten für 
die Zukunft abgelegt wurden. Aus den alten Gesetzen kann man folgern, 
daß Brüder meistens das Odelland in Gemeinschaft und jedenfalls unter der 
Leitung des Familienhauptes bewirtschafteten. Sie bauten alsdann das Acker 
land entweder gemeinschaftlich, was jedoch seltener vorkam, oder jedes 
Stück abwechselnd, ein Jahr der eine, dann der andere. Bisweilen wurde 
dann aber auch das Ackerland zu gleichen Teilen unter alle Brüder geteilt, 
und zwar in der Regel so, daß nicht das gesamte Land in soviel Lose ge 
teilt wurde, wie Besitzer vorhanden waren, sondern jeder der Erben in jedem 
Feldabschnitt seinen Streifen erhielt. Das Wiesland wurde selten auf diese 
Weise geteilt, es wurde vielmehr entweder in Gemeinschaft genutzt oder nach 
Quoten je ein Jahr bald von dem einen bald von dem andern gebraucht. 
Diese Ordnung der Dinge beruhte teils auf der Scheu der 
Bauern an der einmal gewohnten Betriebsweise große Veränderungen vor 
zunehmen, teils auf der damaligen Lage der norwegischen Landwirtschaft, 
wonach eine rationelle Wechselwirtschaft unbekannt war und das Land Jahr aus 
Jahr ein auf dieselbe Weise bebaut wurde. Die Zustände hätten eine große 
Zerspitterung des ländlichen Grundbesitzes zur Folge gehabt, wenn nicht 
andere Verhältnisse dem entgegenwirkten. Das war einmal der alte Grund 
satz, daß die Töchter beim Vorhandensein von Söhnen keinen Anteil am 
Odel erhielten, und dann die Sitte, welche jedenfalls schon sehr früh ent 
stand, daß nur ein Sohn — gewöhnlich der älteste — auf den väterlichen 
Hof heiratete und diesen später übernahm, während die übrigen unverheiratet 
blieben und oft als Wikinger ihr Glück in der Ferne versuchten. Sie ließen 
sich entweder von dem Gutsübernehmer abfinden oder übergaben ihm ihren 
Anteil in Pacht. Das letztere wird vom Gulathingslov begünstigt, welches 
dem Odelsmann das Vorzugsrecht gibt, alles das zu pachten, was mit seinem 
eigenen Teil des Hofes in Gemenge liegt, wenn der Eigentümer es nicht 
selbst bewirtschaften will.*) Wahrscheinlich traf der Familienvater oft schon 
bei Lebzeiten Veranstaltungen, den Besitz ungeteilt an einen Sohn übergehen 
zu lassen. Die anderen Söhne, denen das gleiche Erbrecht wie diesem zukam, 
erhielten entweder fahrende Habe oder Odelland, welches nicht unmittelbar 
zum Haupthof gehörte, und konnten dort Höfe gründen, für die ihnen so 
fort Odel zustand. 
*) Über ähnliche Bestimmungen des Nordstrander Landrechts vgl. oben S. 256.
	        
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