VII. Schleswig-Holstein.
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wandten, doch erwähnt es nichts von ein Fünftel Abschlag, auch wird nach
ihm (XII. 4) bestimmt, daß das Land erst bei Vererbung bis zur 4. Generation
zum Odel wird.
Die nächsten männlichen Odelserben waren die Söhne des Erblassers
Sie erbten es gemeinschaftlich. Die Vertretung der Gemeinschaft nach
außen stand jedoch dem ältesten Sohn oder demjenigen zu, welcher als das
Haupt der Familie galt. Der Antritt des Erbes sowie das Begräbnis des
Verstorbenen wurden gewöhnlich durch ein festliches Mahl gefeiert, wo auf
das Andenken des Verstorbenen getrunken und Gelübde von Großtaten für
die Zukunft abgelegt wurden. Aus den alten Gesetzen kann man folgern,
daß Brüder meistens das Odelland in Gemeinschaft und jedenfalls unter der
Leitung des Familienhauptes bewirtschafteten. Sie bauten alsdann das Acker
land entweder gemeinschaftlich, was jedoch seltener vorkam, oder jedes
Stück abwechselnd, ein Jahr der eine, dann der andere. Bisweilen wurde
dann aber auch das Ackerland zu gleichen Teilen unter alle Brüder geteilt,
und zwar in der Regel so, daß nicht das gesamte Land in soviel Lose ge
teilt wurde, wie Besitzer vorhanden waren, sondern jeder der Erben in jedem
Feldabschnitt seinen Streifen erhielt. Das Wiesland wurde selten auf diese
Weise geteilt, es wurde vielmehr entweder in Gemeinschaft genutzt oder nach
Quoten je ein Jahr bald von dem einen bald von dem andern gebraucht.
Diese Ordnung der Dinge beruhte teils auf der Scheu der
Bauern an der einmal gewohnten Betriebsweise große Veränderungen vor
zunehmen, teils auf der damaligen Lage der norwegischen Landwirtschaft,
wonach eine rationelle Wechselwirtschaft unbekannt war und das Land Jahr aus
Jahr ein auf dieselbe Weise bebaut wurde. Die Zustände hätten eine große
Zerspitterung des ländlichen Grundbesitzes zur Folge gehabt, wenn nicht
andere Verhältnisse dem entgegenwirkten. Das war einmal der alte Grund
satz, daß die Töchter beim Vorhandensein von Söhnen keinen Anteil am
Odel erhielten, und dann die Sitte, welche jedenfalls schon sehr früh ent
stand, daß nur ein Sohn — gewöhnlich der älteste — auf den väterlichen
Hof heiratete und diesen später übernahm, während die übrigen unverheiratet
blieben und oft als Wikinger ihr Glück in der Ferne versuchten. Sie ließen
sich entweder von dem Gutsübernehmer abfinden oder übergaben ihm ihren
Anteil in Pacht. Das letztere wird vom Gulathingslov begünstigt, welches
dem Odelsmann das Vorzugsrecht gibt, alles das zu pachten, was mit seinem
eigenen Teil des Hofes in Gemenge liegt, wenn der Eigentümer es nicht
selbst bewirtschaften will.*) Wahrscheinlich traf der Familienvater oft schon
bei Lebzeiten Veranstaltungen, den Besitz ungeteilt an einen Sohn übergehen
zu lassen. Die anderen Söhne, denen das gleiche Erbrecht wie diesem zukam,
erhielten entweder fahrende Habe oder Odelland, welches nicht unmittelbar
zum Haupthof gehörte, und konnten dort Höfe gründen, für die ihnen so
fort Odel zustand.
*) Über ähnliche Bestimmungen des Nordstrander Landrechts vgl. oben S. 256.