VII. Schleswig-Holstein.
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Wegen des geringen Umfangs der anbaufähigen Ländereien sind die
landwirtschaftlichen Bodenpreise in Norwegen immer recht hohe gewesen,
auch in für den Ackerbau ungünstigen Zeiten. Trotz hoher Arbeitslöhne,
niedriger Getreidepreise und hoher Steuern ist der Bodenpreis in neuerer
Zeit für den vorherrschenden bäuerlichen und Kleinbesitz im Steigen ge
blieben. Die Preise sind im allgemeinen nur für große Güter herunter
gegangen
II. Der heutige Rechtszustand bezüglich Vererbung des
ländlichen Grundeigentums in Norwegen:
Das Aasädesrecht
Die Bestimmungen des heutigen norwegischen Eigentums- und Erb
rechts stammen im allgemeinen aus nationalen Quellen, sie sind indessen im
Laufe der Zeiten von fremden Rechten, namentlich vom römisch-deutschen
Recht, stark beeinflußt worden. Nur die für das ländliche Grundeigentum
bestehenden besonderen Rechtsinstitutionen machen hiervon eine Ausnahme
Sie sind durchaus einheimischen Ursprungs. Die alte Trennung zwischen
Fahrhabe und Grundeigentum, im deutschen Rechte mehr und mehr ver
wischt, ist in Norwegen bis auf den heutigen Tag bestehen geblieben.
Für ländliches Grundeigentum gelten vor allem das Odelsrecht, ein
Einlösungs- oder Retraktrecht, und das Aasädesrecht, das spezifisch
norwegische Erbrecht am Bauernland.
Beide Rechte wurzeln in derselben germanischen Rechtsanschauung
sie stehen vielfach in enger Beziehung zueinander, und die neuere Gesetz
gebung hat beide Rechte zusammen behandelt, so daß man zum Verständnis
des einen sich auch über das Wesen des andern klar werden muß.
Beim Odelsrecht handelt es sich um Folgendes: Wenn ein bäuerliches
Grundstück oder ein Landgut eine Reihe von Jahren — nach den heute
gültigen Bestimmungen 20 Jahre lang — im Besitze eines Mannes, seinei
Frau oder seiner Kinder ist, so wird dieser Besitz nach norwegischer An
schauung zur eigentlichen Heimat dieser Familie, das Land wird zu Odel
land, der Hof zum Odelhof. Damit der Besitz der Familie nach Möglichkeit
erhalten bleibe, wird den Verwandten des Besitzers beim Verkauf des Odel
guts an Fremde ein Einlösungsrecht zugestanden, wonach sie den Hof
während dreier Jahre gegen Erstattung eines durch Taxation bestimmten
Rückkaufspreises wieder an sich ziehen können. Das Odelsrecht ist also ein
den Verwandten des Verkäufers von Odelgut zustehendes Retraktrecht, durch
welches verhindert werden soll, daß das Gut in den Besitz Fremder gerate,
’) Vergl. hiezu die Beilage unten S. (156) ff.
Literatur: U. A. MorzFELDr, Lovgivningen om Odelsretten og om Aasädesretten. 1846.
FRED. BRANDT, Tingsretten fremstillet efter den norske Lovgivning. Kristiania 1876.