VII. Schleswig Holstein.
gebung. Nun ist zwar, wie unten auszuführen sein wird, weder die Einzel
erbfolge noch die dem Anerbenrecht eigentümliche Bewertung eine not
wendige Konsequenz der rechtlichen Geschlossenheit. Dennoch ist nach
dem Gesagten ein gewisser Zusammenhang zwischen Erbrecht und Steuer
gesetzgebung unverkennbar.
Die Aufdeckung der Wurzeln, aus denen die Geschlossenheit der
Bauerngüter erwuchs, ist deshalb auch von Wichtigkeit für die Beurteilung
der Frage, inwieweit das Anerbenrecht noch jetzt als lebensfähig und er
haltungswert angesehen werden kann. Wäre der hergebrachte Zusammenhalt
der Geestbesitzungen lediglich eine Nachwirkung entschwundener politischei
Einrichtungen, so würde jene Frage schwerlich zu bejahen sein.
Übrigens handelt es sich hier um eine Erscheinung, deren Bedeutung
über das Vererbungsproblem hinausgreift. Denn die Landgüter werden auf
der Geest nicht nur im Erbgange, sondern überhaupt als wirtschaftliche Ein
heiten behandelt, während in den Marschen der wirtschaftliche Zusammen
hang der zu einem Betriebe vereinigten Grundstücke ein loserer ist. Welches
sind die Gründe für diese verschiedenartige Struktur der ländlichen Be
sitzungen?
Kapitel I. Die wirtschaftliche Struktur der Landgüter, frei beweg
licher und geschlossener Grundbesitz.
I. Die Struktur der Landgüter, die Flurverfassung und die ältere Steuergesetz
gebung
Von den ältesten Zeiten her ist die Einheit, nach welcher die öffent
lichen Lasten verteilt werden, überall in Schleswig-Holstein außerhalb der
Marsch: die Hufe (dänisch: Bool).
So lange der Bauer der Hauptträger der Wehrmacht war, ruhte auf
der Hufe in Jütland, wie in Dänemark überhaupt, die Ledingspflicht. Wer
eine volle Hufe besaß, mußte sich in jedem dritten Jahr, wer eine halbe
in jedem sechsten Jahr zu einem mehrmonatigen Kriegszuge auf dem See
wege bereit halten, auch in Gemeinschaft mit seinen Nachbarn nach Maß
gabe des Hufenbesitzes ein Kriegsschiff und dessen Ausrüstung mit Waffen
und Lebensmitteln stellen. Mit Rücksicht auf diese Verpflichtung waren
die Hufen rechtlich unteilbar. Aber der Einfluß des Christentums führte
fruh zur Beseitigung der rechtlichen Geschlossenheit; man wollte den
jüngeren Söhnen auf diese Weise die Niederlassung erleichtern, um sie
von den räuberischen Wikingerfahrten abzuhalten. Das jütsche Lov (von
1241) enthält keine Teilungsbeschränkungen. Als dann die Kriegsverfassung
umgebildet wurde, ein Stand von berufsmäßigen Kriegern, „Heermännern“,
entstand, an Stelle der alten Ledingspflicht der Bauern die von ihnen auf
zübringende Kriegssteuer trat, war es wiederum der Hufenbesitz, nach Maß
gabe dessen die neue Last verteilt wurde. Die Abgabe wurde erstmalig
im Jahre 1249 von König Erich von Dänemark eingefordert und hieß
Pflügsteuer. Der König selbst erhielt deshalb im Volksmunde den Bei-