VII. Schleswig-Holstein.
428
Teilung und Übergabe, aber es liegt nicht immer so günstig, daß keine Schulden vorhanden
sind, und dann ist die Teilung schwieriger.“
In dem nördlich angrenzenden Gemeindebezirk Wiesby ist „der vierte Teil sämtlicher
Höfe mit mehr als 60% Schulden belastet. Die Ursache ist der Ankauf mit zu geringen
Mitteln, der Unternehmungsgeist ist hier ziemlich stark entwickelt, 2/ sämtlicher Besitzunger
gehen nicht an einen Erben über. Entweder verkauft man die ganze Wirtschaft, oder man
teilt sie zwischen 2—3 Erben. Wird die ganze Wirtschaft verkauft, so wird gewöhnlich an
sogenannte Hofschlächter veräußert und derselbe verkauft dann die einzelnen Parzellen.
Wenn es zur Übergabe bei Lebzeiten des Vaters kommt, so übernimmt „in der Regel der
Sohn die Wirtschaft so ungefähr zum vollen Kaufpreis, er übernimmt auch die vorhandenen
Schulden, den überschießenden Teil muß er an seine Eltern bezw. an seine Geschwister
auszahlen“
In der Gemeinde Ballum, welche bis an die Küste reicht, einer holländischen
Kolonie,’) gibt es gleichfalls viele hochverschuldete Höfe, doch ist hier die Verschuldung
nicht in rascher Zunahme begriffen, und auch ein Verkauf stark verschuldeter Höfe, wie
überhaupt Verkauf von bäuerlichen Besitzungen soll nicht häufig vorkommen. Der Vater
übergibt seinem Sohne den Hof zu einem Preise, daß die Lasten erträglich sind.
Darnach fehlt zwar in dem geschlossenen bisher dänisch-rechtlichen
Gebiet nicht eine familienhafte Auffassung von der Bestimmung des Grund
besitzes, aber im Gegensatz zu den Nachbarbezirken mit analogen wirtschaft
lichen Verhältnissen, die eine ausgeprägte Anerbensitte haben, ist doch eine
gewisse Mobilisierung und beträchtliche Verschuldung des Grundbesitzes
vielfach eingetreten. Öfter wird der Hof zu teuer übernommen, häufig auch
zum Verkauf gebracht, wenn der bisherige Besitzer stirbt. Teuere Bewertung
findet sich nicht bloß im Intestaterbgang, sondern auch bei Übergabeverträgen
und Testamenten.
Ähnlich lagen die Verhältnisse schon in den 30er Jahren des 19. Jahr
hunderts. G. HANSSEN 2) schrieb darüber: „Mehrere Ursachen haben zu
sammengewirkt, um den Wohlstand der Ballumer Landleute so sehr zu zer
rütten“ .... „Schlimmer als die hohen Steuern wirkt auf den Wohlstand der
Hufener die Anwendung des dänischen Erbrechtes ein. Der das väterliche
Erbe antretende Sohn hat vor seinen Geschwistern nicht den geringsten Vor
zug; sind sie alle mündig, so wird ihm die Hufe zum vollen Geldwert zu
taxiert, sind aber unmündige Geschwister vorhanden, so wird die Hufe zur
öffentlichen Auktion gestellt, und der älteste Sohn muß die Konkurrenz
seiner übrigen Geschwister und eines jeden Fremden aushalten.“ „Daß dieses
Verfahren auf die Länge der Zeit die pekuniären Kräfte des Bauernstandes
ganz und gar zerrütten muß, und daß, sobald ungünstige Jahre den Land
mann treffen, die meisten Hufener unter der Last ihrer Privatschulden
erliegen müssen, braucht .... nicht weiter ausgeführt zu werden.
Daß das geltende Recht auf die Vererbungssitte und die Lage der
Bevölkerung einen entscheidenden Einfluß hat, tritt sehr deutlich hervor
aus einem Vergleich mit der unmittelbar benachbarten Gemeinde Jerpstedt
*) Vgl. Sach. II, S. 279.
2) Statistische Forschungen über das Herzogtum Schleswig. Heidelberg 1832, S. 47
und 49.