Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (7)

Die heutige Vererbung des bäuerl. Grundbesitzes. Der Mittelrücken und der Osten. 425 
veranschlagt. Wenn der Vorbesitzer bei Lebzeiten oder auf den Todesfal 
keine Verfügung getroffen hat, demnach die Bestimmungen des allgemeinen 
Erbrechts in Kraft zu treten haben, kommt der Hof „selten“ zur Versteigerung 
Meist wird eine Übereinkunft der Miterben erzielt und einem die Stelle zu 
einem mäßigen Anschlage überlassen. Der Kaufpreis wird hierbei „regel 
mäßig“ von den Miterben selbst ohne Hinzuziehung öffentlicher Taxatoren 
festgesetzt. Es findet überhaupt selten ein Verkauf an Fremde statt, wenn 
Erben vorhanden sind (Medelby, Süderlügum, Klixbüll) 
Allerdings lassen die immer wiederkehrenden Wendungen, wonach 
nür in den meisten Fällen, in der Regel, gewöhnlich der Hof zu einem 
mäßigen Anschlage übernommen wird, erkennen, daß hier die Anerbensitte 
nicht eine so scharfe Ausprägung gefunden hat, wie sonst auf dem eigent 
lichen Mittelrücken, wo Anerbenrecht gilt. Aus einzelnen Gemeinden, die 
dem letzteren angehören, werden die Ausnahmefälle etwas näher charakte 
risiert. „Für gewöhnlich wird mäßig veranschlagt, jedoch gibt es Fälle, wo 
der volle Kauf- und Handelswert berechnet wird.“ (Karlum.) In den 
meisten Fällen wird nach Übereinkunft der Intestaterben der Hof „einem 
der Kinder zu einem mäßigen Anschlage überlassen.“ „Wenn die Miterben 
sich nicht über den Überlassungspreis einigen, wird derselbe durch öffent 
liche Taxatoren festgestellt oder zur Versteigerung gebracht.“ (Achtrup bei 
Leck.) Aus Ladelund wird berichtet, daß man regelmäßig nicht darnach 
frage, wieviel der Hof an Lasten tragen könne. „In der Regel wird der 
Wert, den fremde Käufer zahlen müßten, festgesetzt und hiervon ca. 20% 
abgezogen. 
Auf der andern Seite ist anzunehmen, daß die in dem ganzen niedrie 
gelegenen Teil der Tondern’schen Geest vorherrschende Weidewirtschaft die 
Preisbildung für die Grundstücke ähnlich wie in den Weiderevieren der 
Marsch gestaltet, d. h. ein nur geringer Unterschied zwischen Ertrags- und 
Kaufwert der Liegenschaften besteht, also auch eine geringe Begünstigung 
des Übernehmers genügt, um ihn leistungsfähig zu stellen. 
c) Die „Dänischen Enklaven“. 
Die vielen in den Amtsgerichtsbezirken Toftlund und Rödding gänzlich 
zerstreut liegenden einst zum Königreich Dänemark gehörigen Enklaven 
schließen sich der Vererbung der sie rings umgebenden Bondengüter an.1) 
„Soviel hier hat festgestellt werden können, findet in den Teilen des 
hiesigen Gerichtsbezirks, in welchen dänisches Recht gilt, die tatsächliche 
Vererbung des ländlichen Grundbesitzes in derselben Weise statt, wie in 
den Teilen, wo das Jütsche Lov“ 
und die Verordnung über das Näher 
recht! 
„gilt. Es tritt auch hier das Bestreben nach Erhaltung des Grund 
besitzes in einer Hand hervor, so daß eine gewisse Bevorzugung des Stellen 
’) Es handelt sich im ganzen um etwa 110 Hufenstellen, die aber in keinem Falle 
ganze Gemeinden, sondern nur kleine Teile von solchen bilden. Vgl. MACKEPRANG, Das Gebiet 
des dänischen Rechtes in Schleswig-Holstein. Zeitschr. 17. Bd. 1887. S. 59 f.
	        
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