Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (7)

VII. Schleswig-Holstein. 
358 
geschieht durch Vertrag 
erbung der Bauerngüter an. Die Übertragung 
unter Lebenden oder durch testamentarische Verfügung, meist auf den 
ältesten Sohn. Hierbei wird „stets die Erhaltung des gesamten Besitzes in 
Eine Bevorzugung des 
einer Hand angestrebt“. (Amtsgericht Gottorp.) 
(Landrat von Eckernförde. 
Unternehmers ist deshalb „nicht ungewöhnlich“. 
Ähnlich dürften die Verhältnisse in Lauenburg sein. 
Bezüglich der holsteinischen großen Güter besteht ein Unterschied zwischen 
dem eigentlichen Großgrund- oder Latifundienbesitz und den kleineren Gütern 
von etwa 500 ha., Die letzteren weisen zum großen Teil auch jetzt noch eine 
sehr starke Mobilisierung auf. Für viele von ihnen ist eine Vererbung in 
der Familie überhaupt nicht mehr festzustellen. Sie gehen als Spekulations 
objekte in kurzen Zwischenräumen von Hand zu Hand.1) 
Bei den größeren Gütern dagegen, die nicht fideikommissarisch ge 
bunden sind, finden wir sehr allgemein ein traditionelles Festhalten des Be 
sitztums in der Familie. Verkauf an Fremde pflegt nur in den seltenen 
Fällen einzutreten, wenn keine direkten Nachkommen des verstorbenen Guts 
inhabers vorhanden sind oder wenn wegen zu hoher aus früherem Besitz 
erwerb herrührender Verschuldung die Begünstigung des Übernehmers außer 
ordentlich hoch bemessen werden müßte, um ihren Zweck zu erfüllen. 
Der Erbübergang ergreift stets das ganze Gut. „Nur wenn ein Gut 
aus verschiedenen einzelnen Teilen besteht, die keinen irgendwie notwendigen 
rechtlichen oder faktischen Zusammenhang haben, kommt es ganz vereinzelt 
vor, daß die Teile in verschiedene Hände übergehen. Z. B. sind gelegent 
lich einzelne Hufen, die seit langen Zeiten sich in Zeitpacht befunden haben, 
dem einen Erben zugeteilt worden, während das Hauptgut einem andern zu 
teil wurde.“ (Amtsgericht Kiel.) 
Die Form des Erbübergangs ist in der Regel das Testament, nur in 
Ausnahmefällen der Überlassungsvertrag. Der Erblasser setzt den Preis fest 
für welchen der namhaft gemachte Erbe das Gut übernehmen soll und in 
welcher Weise die Verteilung des Kaufpreises vorzunehmen ist. Mehrfach 
findet sich die Bestimmung, daß der Gutsnachfolger eine bestimmte feste 
Summe oder einen gewissen Teil des erzielten Kaufpreises den Miterben 
auskehren muß, falls er das Gut im Laufe der nächsten Zeit verkauft. Regel 
mäßig wird auch für die Witwe ein gewisses Jahrgeld (Wittum) nebst freier 
Wohnung auf dem Gute ausgemacht. 
Die Überlassungssumme wird regelmäßig unter dem Gesichtspunkte 
festgesetzt, daß der Erbe, „meistens der älteste Sohn, in den Stand gesetzt 
wird, das Gut zu halten. Er wird vor seinen Miterben in dem Grade be 
vorzugt, welcher dem Testator zur Haltung des Gutes erforderlich erscheint, 
’) Z. B. im Amtsgerichtsbezirk Segeberg: Muggesfelde (641), Travenort (637), Mussen 
(527), Grünwohld (426), Hartenbohm; im A.-G.-B. Oldenburg: Tesdorf, Meischendorf (295), 
Schwelbeck (491), Einhaus (240), Georgenthal, Ernsthausen (140). Die eingeklammerten 
Zahlen geben die Größe in Hektar an.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer