VII. Schleswig-Holstein.
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des Pächters, meist der älteste, nachfolgt, ist um so mehr die Regel ge
blieben, als die Anzahl der Hufenstellen nicht gemindert werden darf.1)
den für die Zeit von 1857—1867 mit den Hufnern der großherzoglich-olden
burgischen Fideikommißgüter abgeschlossenen Pachtverträgen heißt es: „Es
ist die Absicht der Gutsherrschaft, ohne daß sie jedoch desfalls rechtlich ge
bunden sein will, die Hufe so weit thunlich bei der Familie zu belassen.
Sollte daher der Pächter während der Pachtjahre versterben, so steht die
Übertragung der Pacht an einen der mündigen Söhne zu gewärtigen. Die
Gutsherrschaft behält sich die Wahl vor und wird dabei die Tüchtigkeit,
sowie durch auswärtiges Dienen erworbene Erfahrung in Betracht ziehen.
Ebenfalls wird darauf Bedacht genommen werden, beim Vorhandensein un
mündiger Kinder bis zur Mündigkeit derselben die Pacht durch die Mutter
allein oder in Verbindung mit einem Interimswirth fortsetzen zu lassen.“* 2)
So ist es in der Hauptsache auch bis zur Gegenwart geblieben. Hier
ist nur noch darzustellen, wie sich Erbrecht und Erbsitte bei denjenigen
Bauern gestalteten, welche aus Anlaß der Reform zu Eigentümern oder
Erbpächtern ihrer bisherigen Hufenstelle gemacht oder neu angesetzt worden
sind. Dies ist besonders in den fiskalischen, seltener in den adligen Guts
bezirken geschehen.
1. Adlige Güter. Parzellierungen der Hofesländereien sind in größerem
Umfange nur in Angeln, Sundewitt und Alsen vorgekommen, vereinzelt in
Schwansen und dem Dänischen Wald, sehr selten in Holstein. 3) Auf dem
parzellierten Hoffelde wurden nur Erbpächter angesetzt, die dienstpflichtigen
alten Bauerstellen gleichfalls zu Erbpacht 4) oder Erbfeste5) verliehen, nur in
wenigen Fällen zu vollem Eigentum. Das neue Besitzrecht gewährt den Bauern
fast unbeschränkte Verfügungsfreiheit, so daß auch die Vererbung der Erbpacht
stellen sich nicht von derjenigen der zu Eigentum ausgegebenen Landgüter
unterscheidet. Sowohl die früheren Gutsbauern als die Parzellisten unter
liegen lediglich den Bestimmungen des Jüt. Lovs oder des Sachsenspiegels.
Nur in vier holsteinischen Gutsbezirken ist ein Anerbenrecht zur An
erkennung gelangt, in Erfrade, Prohnsdorff, Muggesfelde und Ahrensburg
Hier geht mangels Verfügung oder Vereinbarung das Bauerngut auf den
*) Vgl. oben S. 230.
2) HANSSEN, Leibeigenschaft, S. 93.
3) HANSSEN, Leibeigenschaft, S. 163 ff.; Holst. Top. u. ELLERHOLZ, Handbuch des Grund
besitzes.
*) Die Erbpacht in den Herzogtümern ist lediglich ein Gewohnheitsinstitut und stets
nach dem betreffenden Kontrakt zu beurteilen. Bezüglich Zahlung eines Laudemiums, des
Kanons usw. finden sich die mannigfaltigsten Abweichungen. Aber stets hat der Erbpächter
weitgehende Verfügungsbefugnisse. Er kann die Erbpachtstelle veräußern, verpfänden,
teilen. Gerade auf den adligen Gütern zeigt die Erbpacht die freiesten Züge. Der Gedanke
des Obereigentums ist hier völlig verwischt. Der Unterschied vom Eigentum besteht nur
darin, daß der Erbpächter eine jährliche Rente, Kanon, und in vereinzelten Fällen eine Be
sitzveränderungsabgabe entrichten muß. —
Vgl. ESMARCH, Bürgerl. Recht S. 182/3 und
HÄneL u. SEELIG, a. a. O. S. 195.
5) Letzteres z. B. in Mirebüll, Kirchspiel Breklum im Amte Bredstedt.