Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (7)

VII. Schleswig-Holstein. 
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sitzen,*) freilich „nach neuerer Meinung“ an andere als den nächsten 
Erben nur mit obrigkeitlichem Konsens.2 
Die Vererbung regelt sich lediglich nach den alten Gewohnheiten. 
Sie sind nicht aus den sogenannten 
„Neumünsterschen Kirchspiels 
oder Bordesholmischen Amts-Gebräuchen“ 
zu ersehen; denn wie FALCK3) 
nachgewiesen hat, sind diese „Gebräuche“ in der Hauptsache nichts anderes 
als ein Auszug aus dem Ditmarscher Landrecht, den wohl ein Beamter am 
Schluß des 16. Jahrhunderts gemacht hat. Im Erbrecht kommt, von gewissen 
Taxvorschriften abgesehen, keine der Bestimmungen zur Anwendung. In 
den Amtsgebräuchen ist eheliche Gütergemeinschaft als gesetzlicher Güter 
stand vorgeschrieben, tatsächlich herrschen im Amt nach sächsischem Recht 
getrennte Güterverhältnisse. 
Die übliche Vererbungsweise schildert HANSSEN 4) nach Teilungsprotokollen 
aus der letzten Zeit des 17. Jahrhunderts für Bordesholm wie folgt: Anerbe 
ist nach Gewohnheitsrecht der älteste Sohn, jedoch findet sich häufig die 
Bestimmung, die wie eine Reminiszenz an ein ehemaliges Minorat erscheint 
daß er dem Jüngsten außer dessen übrigem Erbteil noch 10 Rtlr. „für 
die Abtretung der Hufe“ geben solle. Ist der älteste nicht tauglich, so 
können die Eltern ihr Gut einem anderen ihrer Kinder mit obrigkeitlicher 
Genehmigung übertragen. Wenn der Anerbe (Sohn oder Tochter) in eine 
andere Hufe hineinheiratet, so „verzieht“ er die väterliche Hufe, d. h. geht 
seines Anspruches verlustig, falls andere Geschwister oder deren Erben vor 
handen sind. Sind die Erben sämtlich noch unmündig, so wird eine Setz 
wirtschaft angeordnet, und die Obrigkeit bestimmt gleichzeitig denjenigen 
unter den Erben, welchem nach Ablauf der Setzjahre die Hufe zufallen soll. 
Testamentarische Verfügungen finden nicht statt, das Altenteil bedarf der 
obrigkeitlichen Genehmigung. 
Die Hufenländereien werden nicht mit zur Erbteilung gezogen, sondern 
nur Fahrnis und Gebäude, letztere zu dem festen niedrigen Satz von 30 M. 
Jedoch muß das sogenannte Hofgespann, zu welchem bei einer Vollhufe 
4 der besten Pferde, 2 Kühe, 1 Wagen, 1 Pflug, allerlei Gerät und ein 
aufgemachtes Bett gehören, bei der Stelle bleiben. Es wird zu dem 
stehenden Taxatum von 100 M mit dem übrigen Inventar in die Teilungs 
masse gezogen. „Die ganze Erbmasse betrug auf einer Hufe damals selten 
mehr als einige hundert Mark, und gewöhnlich war die privilegierte Schuld 
größer, so daß die übrigen Kreditoren leer ausgingen. Aber selbst in diesem 
Falle, wenn mehr Passiva als Aktiva vorhanden waren, übernahm der die 
Bericht über die Verwandlung der Neumünsterschen Festehufen in Bondenhufen de 1778 
führt weiter aus, daß demzufolge viele Festehufen zum Konkurs gekommen und in gericht 
licher Lizitation an die Meistbietenden verkauft worden seien; aus „neuerer Zeit“ erwähnt 
er 7 derartige Fälle. 
*) Derselbe Bericht führt 12 Fälle freihändigen Verkaufs an. 
2) HÄNEL, a. a. O. S. 141. 
3) Handbuch des Privatrechts a. a. 0. Bd. I, S. 451 ff. 
4) Bordesholm a. a. O. S. 166—168.
	        
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