Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (7)

VII. Schleswig-Holstein. 
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aus besucht wurden. Vor der Eroberung wurden auch Wochenmärkte gehalten, die dann 
in Abgang kamen, bis sie im Jahre 1611 wieder eingerichtet wurden, weil es für die Ein 
gesessenen gar zu beschwerlich sei, „andere Märkte bey den Benachbarten auf 2, 3 und 
4 große Meilweges für ihre Notdurft noch bey sehr unbequemen Jahreszeiten zu besuchen“ 
Als um die Mitte des 15. Jahrhunderts das Kollegium der 48er — zunächst nur für die 
4 nördlichen Döffte — eingesetzt wurde, bestimmte man die central gelegene Höhe „zur 
Heide“ als Versammlungsort unter dem Schutze des allgemeinen Marktfriedens, und so er 
wuchs auch dort ein stadtartiger Marktflecken, an dem sich Handwerker dauernd niederließen 
Es entsprach der außerordentlichen politischen Selbständigkeit der Kirchspiele, dal 
die Kirchdörfer mehr als anderwärts auch zu lokalen Centren des Gewerbfleißes wurden 
Wöhrden, Büsum, Wesselburen, Lunden, Henstedt, Tellingstedt, Burg, Brunsbüttel, Marne 
waren verhältnismäßig gewerbereiche Orte, trieben Handel und städtische Gewerbe. E 
gab in dieser Beziehung verhältnismäßig mehr „Bürger“ in Ditmarschen als in Holstein (NEHLSEN 
Ditmarscher Geschichte, S. 213). Infolge der räumlichen Zerstreutheif der Handwerkei 
entwickelten sich keine Zünfte. Das Tischleramt zu Meldorf (Privileg von 1710) ist als 
späte landesherrliche Schöpfung anzusehen. Den gewerbetreibenden Plätzen Ditmarschens 
fehlte auch das typische Merkmal des mittelalterlichen Stadtbildes, die Befestigung. Meldorf 
hat erst nach der Schlacht von Hemmingstedt im Jahre 1517 Wall und Graben erhalten 
Im übrigen hatten Kirchtürme und Kirchhöfe im Lande leichte Befestigungen; in Nord 
friesland waren auch solche geradezu untersagt (CHALYBÄUS S. 171, 182). 
Kapitel II. Die Verfassung in Holstein und Lauenburg. 
Es ist nach dem Stande der vorhandenen Urkundensammlungen nicht 
möglich, die Entwicklung der grundherrlichen Verfassung im einzelnen durch 
alle Jahrhunderte zu verfolgen.*) Für unsere Zwecke genügt es aber 
auch, gleichsam Querschnitte zu ziehen und in Ergänzung der im vorigen 
Kapitel gegebenen allgemeinen Übersicht die Rechtslage der Bauern zu ver 
schiedenen Zeitpunkten genauer zu kennzeichnen. 
I. Die mittelalterliche Grund- und Gerichtsherrschaft. 
Ihr Hauptgebiet ist das östliche Kolonialland 
Leider besitzen wir nicht einen einzigen eigentlichen Ansiedelungsvertrag 
welcher die Rechte und Pflichten der Kolonisten darlegte. Es ist aber ein 
ziemlich genaues Bild hiervon aus beurkundeten sonstigen Rechtsgeschäften. 
Verleihungen und Schenkungen, Kauf-, Tausch-, Pfandverträgen der Grund 
herren, aus den Einnahmeregistern der klösterlichen und bischöflichen Ver 
waltungen zu gewinnen. 
Die Lasten der Ansiedler und die Hufenverfassung. Besonders 
vollständige Berichte liegen in guter juristischer Bearbeitung für die ehe 
maligen Klostergebiete Bordesholm, Neumünster und Reinbek im östlichen 
Holstein vor. * 2) Sie stützen sich hauptsächlich auf Erdbücher und Katastei 
aus dem 17. Jahrhundert; ihr Ergebnis kann aber mit geringen Modifikationen 
’) Die großen Urkundensammlungen schließen mit dem 13. oder in der ersten Hälfte 
des 14. Jahrhunderts ab. Nur für einzelne Bezirke liegen auch jüngere Urkunden in einiger 
Vollständigheit vor. 
2) HÄNEL u. SEELIG, Zur Frage der „stehenden Gefälle“ in Schleswig-Holstein. 
Kiel 1871. Die Schrift ist aus Anlaß der Einführung der preußischen Grundsteuer verfaßt
	        
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