VII. Schleswig-Holstein.
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B. Das eheliche Güterrecht.
Aus dem vorigen erhellen die nahen Beziehungen zwischen dem Recht
der Hausgenossen und dem ehelichen Güterrecht. Wo eine Vermögens
gemeinschaft der Eltern mit den Kindern und anderen Hausgenossen vor
kommt, erscheint sie überall als Teilnahme der Kinder an dem den Eltern
gemeinschaftlichen Vermögen. Wo aber der Zuständigkeit nach gesondertes
Vermögen der Gatten vorhanden ist, das nur durch die Verwaltung und
Nutznießung des Mannes zu einer Einheit zusammengefaßt wird, ist ein
diese Vermögensstücke ergreifendes Gesamteigentum der Hausgenossen un
denkbar.
Tatsächlich kennt nun keines der mittelalterlichen Landrechte unseres
Gebietes — abgesehen wohl von dem Gewohnheitsrecht der holländischen
Siedelungen in der Elbmarsch
eine Gütergemeinschaft, welche die von
einem der Ehegatten eingebrachten oder während der Ehe ererbten Grund
stücke mit ergriffen hätte.
Im sächsischen, ditmarscher wie im älteren nordfriesischen Recht bleibt
der Grundbesitz, im jütischen Recht wenigstens das Erbeigen *) des Mannes
oder der Frau Sondergut. Ist die Ehe unbeerbt, so fällt es deshalb nach
dem Tode des Eigentümers demjenigen Geschlechte wieder anheim, von dem
es kam. Bei beerbter Ehe geht das unbewegliche Sondergut jedes der beiden
Ehegatten an die gemeinschaftlichen Kinder, ist aber den Kindern erster Ehe
nicht verfangen, sondern kommt den Kindern einer zweiten Ehe des Eigen
tümers mit zu Gute. Anderseits kann weder die Witwe ihres Mannes noch
der Witwer das Gut seiner Frau den gemeinschaftlichen Kindern durch eine
zweite Ehe entziehen.
Am konsequentesten hat bekanntlich unter den deutschen Rechten das
ostfälisch-sächsische Ehe-Recht den älteren Zustand festgehalten und ist allen
gütergemeinschaftlichen Ideen fern geblieben. Das vom Hausherrn repräsen
tierte Interesse bleibt hier alleinherrschend, die Frau bringt ihr Fahrnisgut
satzen des Sachsenspiegels bestimmt, daß sein Land und Gut an den Vater, und wenn auch
dieser verstorben, an seine Brüder fallen sollte
einerlei ob es sich um die Erb
schaft eines abgesonderten oder unabgesonderten Kindes handelte. Nach der Eroberung des
Landes wird nun diese Vorschrift durch die gemeinrechtliche Regel ersetzt, wonach Personen
ohne eigene Nachkommenschaft von ihren Ascendenten, und zwar in Konkurrenz mit den
vollburtigen Geschwistern des Verstorbenen beerbt werden sollten. Die Konkurrenz der
Geschwister sollte aber (§ 7) nur von Erbschaften solcher Kinder verstanden werden, „de
affgedeelet edder mit bescheidenem Gude beraden sin“. Nun folgt obige Bestimmung, welche
die alte Vererbungsregel mit der Beschränkung auf unabgeteilte Kinder und mit der Er
weiterung auf Ascendenten aufrecht erhält, also die Eltern zum Erbe eines verstorbenen
Hauskindes näher sind als die Geschwister.
Sie gestattet nach dem ganzen System weder des neuen noch des alten Ditmarscher
Landrechts einen Schluß auf eine allgemeine Vermögensgemeinschaft zwischen Eltern und un
abgeteilten Kindern — so wenig wie der entsprechende, oben mitgeteilte Satz des Jütschen Loy
Von dem Rechtsverhältnis zwischen Personen, die in ungeteilten Gütern sitzen, spricht
das alte Landrecht nicht anders als der Sachsenspiegel.
*) Über diesen Begriff vergl. oben S. 103.